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Waldorf 2-pole Test

Waldorf besinnt sich mit dem 2-pole Analog Filter auf eine alte Markentradition. Man denke an frühere stand-alone Filter wie MiniWorks 4-Pole und X-Pole. Und natürlich sind auch etliche Waldorf Synthesizer mit analogen Filtern ausgestattet (gewesen). Ein direkter Verwandter des 2-pole ist der Synth Waldorf Rocket – ebenfalls ein Desktop-Instrument. Bei ihm wurden nicht nur viele Äußerlichkeiten entliehen, auch die Filterschaltung des 2-pole basiert auf der des Rocket.

Waldorf 2-pole: Quadratisch, praktisch, analog
Waldorf 2-pole: Ein gelungenes Werkzeug, um Sounds zu verbiegen


Mit dem Waldorf 2-pole Analog Filter ist ein Filtermodul mit den Ausmaßen einer leicht überdimensionierten Stompbox auf den bonedo-Prüfstand gekommen. Sie hat uns Rede und Antwort gestanden – gefaucht, geblubbert, gestottert, gepfiffen und so weiter. Wir haben uns die Mühe gemacht, das Ganze für euch ins Deutsche zu übersetzen. Filterfahrt ab!

Details

Dreizehn Potis, vier Kippschalter und ein Trigger-Knopf sind übersichtlich auf der Oberfläche angeordnet. Bezeichnungen für ihre jeweiligen Aufgaben sind in Weiß und Orange auf die metallene, schwarz lackierte Deckplatte des Gehäuses gedruckt. Es gibt keine Doppelfunktionen. Der untere Teil des Gehäuses besteht aus dickem, schwarzem Kunststoff, der optisch und haptisch nahtlos an die Deckplatte anschließt. Der Waldorf 2-pole macht auf den ersten Blick einen soliden und schicken Eindruck und erinnert äußerlich stark an seine Zeitgenossen Waldorf Rocket und Streichfett. Die Potis sind angenehm schwergängig und weisen bei beherztem Zupacken etwas Spiel zu den Seiten auf. Sie wirken dabei jedoch eher „elastisch aufgehängt“ als klapprig verbaut und werden insofern als hochwertig und robust bewertet.

Fotostrecke: 2 Bilder Die übersichtliche Bedienoberfläche kommt ohne Doppelfunktionen aus

Auf der Rückseite findet man fünf Klinkenbuchsen:

  • Audioeingang (mono)
  • Audioausgang (mono)
  • CV Env Eingang + Hüllkurven-Verfolger
  • CV Cutoff Eingang
  • CV Gate Eingang

Die drei CV-Buchsen sind auf verschiedene Weisen nutzbar. So kann der 2-pole mit CV-Gate und CV-Cutoff in ein Synthesizer-Modularsystem eingebunden werden (Spannungen von 0 bis 5V pro Oktave). Der Eingang CV-Env dient zur Zuführung eines analogen Triggerimpulses für die Hüllkurve des 2-pole und kann auch als Hüllkurven-Verfolger (Envelope Follower) eines Line-Audiosignals eingesetzt werden. Heißt: Die Pegelausschläge eines Audiosignals können als Modulationsquelle genutzt werden. Solche analogen Signale sind die einzige Möglichkeit, das Filter „fernzusteuern“ – MIDI oder gar USB sucht man beim 2-pole vergeblich. Allerdings sind CV-Env und CV-Cutoff auch als Anschlüsse für Sustain- oder Expressionpedale nutzbar (Widerstand 10-47k). Per Fuß lässt sich so die Hüllkurve auslösen oder der Cutoff steuern.
Abschließend wären noch ein Power-Schalter und der Anschluss für das externe Netzteil zu nennen, über das der 2-pole mit Strom versorgt wird. Das Zubehör besteht aus einer Kurzanleitung in Deutsch und Englisch. Hierin werden der Signalfluss und die einzelnen Sektionen des Filters kurz umrissen und ein paar Tipps zum Erstellen bestimmter Sounds gegeben. Ein ausführliches Handbuch in Englisch oder Deutsch kann man sich auf der Website des Herstellers als PDF herunterladen.

Die Rückseite: Eingang, Ausgang und drei CV-Eingänge
Die Rückseite: Eingang, Ausgang und drei CV-Eingänge

Aufbau

Die Struktur des 2-pole gliedert sich in vier Bereiche:
1. Die Verstärkung der Eingangs- und Ausgangssignale nimmt man mit den Potis Gain und Output vor. Gain kann (weiter aufgerissen) auch als Overdrive genutzt werden, sofern das anliegende Eingangssignal kräftig genug ist. An dieser Stelle sei schon mal angemerkt, dass der Waldorf 2-pole leider nur Mono-Signale verarbeiten kann – wer das Filter als Effekt für ein DJ-Setup im Auge hatte, wird davon vielleicht etwas enttäuscht sein.
2. Das Herzstück: ein analoges Multimodefilter mit den Modi Tiefpass (LP), Bandpass (BP) und Hochpass (HP). Die Flankensteilheit beträgt 12dB/Oktave. Mit dem Cutoff-Regler bestimmt man die Filterfrequenz, mit Resonance wird die Filtereckfrequenz betont. Bei Werten über 50-60% gerät das Filter schnell in Eigenschwingung. Eine Hüllkurve kann zum Öffnen oder Schließen des Filters herangezogen werden, mit stufenlos regelbarer positiver oder negativer Intensität. Mit Rectify und Drive stehen zwei weitere Möglichkeiten bereit, den Klang zu verfremden und zu verzerren.
3. In der LFO-Abteilung wartet eine Dreieckschwingung in drei Geschwindigkeitskategorien auf ihre Einsätze: Fast (150Hz bis 25kHz), Slow (1Hz (~1s) bis 160Hz) und Gemütlich (0,020Hz (~1min) bis 10Hz). Richtig gelesen: „Gemütlich“! Waldorf beweist hier ein weiteres Mal Kreativität und Humor bei der Namensgebung. Frequenz und Intensität des LFOs sind stufenlos regelbar.
4. Die Hüllkurve mit den Parametern Attack, Decay, Hold und Threshold stellt eine weitere Modulationsquelle für die Filtereckfrequenz dar. Sie verfügt über drei Trigger-Modi: Pulse Trigger, Gate Trigger und Envelope Follower. Im Pulse Trigger Mode lassen sich Dynamikverläufe auf das Filter übertragen. Im Gate Trigger Mode kann die Hüllkurve darüber hinaus auch für kurze Stille bzw. Stotterpassagen sorgen. Per Trigger-Knopf lässt sich die Hüllkurve auch manuell auslösen, je nach Intensität, Threshold- und Filtereinstellung. Im Envelope Follower Mode reagiert die Hüllkurve auf die Dynamik eines am CV-Env-Eingang anliegenden Audiosignals – Threshold, Hold und Trigger-Knopf haben in diesem Mode keine Funktion.

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Praxis

Der Waldorf 2-pole ist schnell an den Start gebracht: Ein Klinkenkabel verbindet einen Klangerzeuger mit dem Audioeingang und ein weiteres Klinkenkabel leitet das Output-Signal zu meiner Abhöre. Netzteil angeschlossen, Power-Knopf gedrückt und los geht’s.
Zunächst lege ich den Activate-Kippschalter nach rechts und schalte das Filter „heiß“. (In der Links-Stellung ist ein True Bypass aktiv.) Die Möglichkeiten des Filters sehen überschaubar aus und ich finde mich schnell zurecht. Klassische Filterfahrten, Resonance-Sweeps und typisches LFO-Geblubber gelingen mir auf Anhieb. Doch je länger ich mich mit dem Testkandidaten beschäftige, um so mehr begreife ich, dass der Waldorf 2-pole auch auf dem Gebiet der Verzerrungen einiges auf dem Kasten hat. Allein mit Input Gain kann man den Klang schon ordentlich aufrauen. 

Audio Samples
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Unbearbeitetes Signal: Drumspur clean aus der DAW Verschiedene Input Gain Settings des 2-pole

Rectify und Drive

Speichern ist beim Waldorf 2-pole nicht möglich, daher geht es nach der vorsorglichen Audioaufnahme meiner Kreationen gleich weiter zum nächsten Baustein Rectify. Diese Funktion ist im Signalfluss vor dem Filter angeordnet und das Rectify-Poti ist als Verhältnismischer zu verstehen: Linksanschlag = dry, Mitte = 50/50 Mix, Rechtsanschlag = wet. Technisch gesehen invertiert dieser Effekt eine Hälfte des am Gain anliegende Audiosignals und stellt die Inversion zum Hinzumischen wieder bereit. Der Waldorf Support erklärte mir diesen Vorgang auf Nachfrage so genauer: Man stelle sich eine simple grafisch dargestellte Wellenform vor, die zwischen ihren Nulldurchgängen negative und positive Ausprägungen hat (Wellenberge). Rectify nimmt nun beispielsweise die unteren, negativen Ausprägungen und kehrt sie ins Positive. Die ursprüngliche Welle hat jetzt im positiven Bereich doppelt so viele und direkt auf einander folgende Wellenberge, im negativen Bereich dagegen keine mehr.
Praktisch gesehen erhält man mit Rectify bei einfachen Schwingungsformen eine darüber klingende Oktave und einen untenherum ausgedünnten Klang. Bei komplexeren Klängen oder auch Drums bewirkt Rectify Betonungen von Frequenzen, die man teilweise tonal wahrnimmt, Präsenzanhebungen und Bassabsenkungen. Im 50/50-Mischverhältnis des originalen und invertierten Signals wird der Klang meist auf eine gute Weise unsauberer, „rotziger“. Der „Kreative“ unter den Parametern in diesem Ensemble.

Audio Samples
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Drums Rectify (langsam aufdrehen) Sinus Rectify (ohne / mit Filterbewegung)

Drive ist im Signalfluss ganz hinten angeordnet und versteht sich aufs Anrauen und Verzerren. Bei stärkerem Einsatz werden Gesamtlautstärke, Bässe und Tiefmitten deutlich angehoben, sodass man mit dem Output etwas gegensteuern muss. Als nächstes drei Hörbeispiele mit Filterfahrten in den drei Filtermodi und unter Einsatz von Resonanz, Drive und Rectify.

Audio Samples
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Drums LP Drive Rectify Drums BP Drive Rectify Drums HP Drive Rectify

Hüllkurve und LFO

Hier ein weiterer Drumloop, bei dem ich den LFO und die Hüllkurve in Szene gesetzt habe. Ein wichtiger Parameter beim Benutzen der Envelope ist Threshold. Man bestimmt damit, ab welcher Lautstärke des Eingangssignals die Hüllkurve ausgelöst wird. Je nachdem, in welchem Modus, wie stark und mit welcher Auslenkung (positiv/negativ) die Hüllkurve auf das Filter einwirkt, passieren Teile des Beats das Filter unbearbeitet, während andere betont, abgedämpft oder komplett unterdrückt werden. 

Audio Samples
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Drums LP Drive Envelope Drums BP Filter Drums BP Rectify Envelope LFO Fast Mode

Der Frequenzbereich des LFOs reicht mit maximal 25kHz nicht nur in den hörbaren Bereich hinein, sondern sogar darüber hinaus – von „Low Frequency Oscillator“ kann also eigentlich keine Rede mehr sein. Mit solchen extrem schnellen Modulationen erreicht man Klangverstümmelungen, die an Ring/Crossmodulator- oder auch Bitcrusher-Effekte erinnern. Das nennt sich dann Filter FM. Leider ist im Fast Mode des LFO immer ein Brummen oder Piepen zu hören, wenn das Filter nicht arbeitet und LFO-Depth aufgedreht ist. Das kann auf die Dauer etwas nerven.
Auch einem Vintage Synthesizer, einem E-Piano oder einem E-Bass steht der Waldorf 2-pole gut zu Gesicht, wie ich finde! 

Audio Samples
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E-Piano clean, dann 2x durch Waldorf 2-pole Filter Synthesizer ohne / mit Waldorf 2-pole Filter E-Bass clean, dann 3x durch Waldorf 2-pole Filter

Und wo ein E-Bass ist, ist auch eine E-Gitarre nicht weit. Die Kombination des 2-pole mit einer Gitarre fand ich sehr inspirierend. Gitarristen, die experimentellere Pfade betreten wollen, können sich hier schön austoben. Stereo-Experimente bleiben jedoch außen vor, denn der 2-pole ist ja nur mit einem Mono-Signalweg ausgestattet.

Audio Samples
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Gitarre: Alt Rock Riff Gitarre: Funky Riff 1 Gitarre: Funky Riff 2 Gitarre: Smells Like 2-pole Gitarre: Sounds Like Bitcrusher Gitarre: Synth Git Gitarre: Wah Tremolo Filter Gitarre: BP Swell High/Low mit Resonanz und LFO Gitarre: BP Swell Low/High mit Resonanz und LFO

Kann man den Waldorf 2-pole also auch als Effektgerät für Gitarre und Bass verstehen? Ich würde sagen: im Studio auf jeden Fall. Auf der Bühne nur mit Abstrichen, denn das Einstellen der Sounds ist oft sensible Millimeterarbeit und Speicherplätze gibt es nicht. Die richtige Dosis Resonanz findet man beispielsweise nur mit Fingerspitzengefühl, und auch bei Attack, Decay und Threshold der Hüllkurve können wenige Grad Poti-Drehung Welten bedeuten.

Der Waldorf 2-pole ist auch gut für Gitarre und Bass zu gebrauchen
Der Waldorf 2-pole ist auch gut für Gitarre und Bass zu gebrauchen

Envelope Trigger

Eine gute Möglichkeit, zu noch lebhafteren Filtersounds zu kommen, ist der Hüllkurven-Trigger. Er stellt eine Art „Side-Chain“ für das Filter dar. Ein Beispiel: Legt man am Eingang CV-Env einen zum Drumloop synchron laufenden Viertelnoten-Puls (wie zum Beispiel eine typische Dance-Bassdrum) an, wird die Hüllkurve bei jedem Viertel ausgelöst. Wählt man als Trigger-Input andere Rhythmen, kann man den eigentlichen Beat, der das Filter durchläuft, um Akzente oder sogar zusätzliche Noten bereichern. Im Audiobeispiel unten ist nach der ersten Bassdrum im Takt eine Art „16tel-Echo“ zu hören. Dieses 16tel kommt im eigentlichen Beat gar nicht vor und wird nur vom Filter erzeugt. Per CV-Env wird die Hüllkurve (und diese beeinflusst ja das Filter) mit besagtem 16tel-Akzent getriggert.

Audio Samples
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Drums Sidechain per CV-Env

Hier ein Beispiel, in dem zunächst ein Akkord aus Sinusschwingungen zu hören ist. Danach gebe ich viel Input Gain und Drive dazu und aktiviere als letztes eine 4/4 Bassdrum am CV-Env. Die kratzige Fläche beginnt, gesteuert durch die „Side-Chain Bassdrum“, zu pulsieren.

Audio Samples
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Pad (ohne/mit Filter & Verzerrung, dann mit Sidechain)
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Fazit

Das Waldorf 2-pole Analog Filter ist ein gelungenes, frisch klingendes Werkzeug zum Sounds machen und verbiegen. Modulierte Filterfahrten, resonante Sweeps und verschiedene Verzerrungen sind die Kerndisziplinen. Aber auch Filter FM ist dank des sehr schnellen LFO machbar und der Triggereingang für die Hüllkurve erweitert die Möglichkeiten nochmals. Insgesamt liegen dem 2-pole die präsenten, kantigeren Sounds mehr als die butterweichen. Rotzige Overdrives, pulsierende Pads, Swells, funky WahWahs, Bitcrusher-Ähnliches und Stotterpatterns bekommt man hier in vielen Variationen.
Der 2-pole ist nicht nur für die Beatsmacher-Fraktion interessant – auch experimentierfreudige Gitarristen oder Bassisten sollten sich das Filtermodul mal anschauen. Für DJ-Anwendungen ist der 2-pole durch seinen Mono-Signalweg allerdings eher weniger geeignet, und auch für den Live-Betrieb empfiehlt er sich aufgrund seiner sensibel reagierenden Armaturen und fehlenden Speichermöglichkeiten nur bedingt. Alle, die mit diesen Einschränkungen leben können, bekommen mit dem Waldorf 2-pole für gute 200 Euro eine Menge Sound und Spaß!

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • stabil und hochwertig gebaut
  • vielseitiger, guter Klang
  • CV-Eingänge
  • Hüllkurven-Verfolger
  • LFO mit sehr weitem Frequenzbereich
Contra
  • verarbeitet nur Monosignale
  • kein MIDI
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Waldorf 2-pole Test
Für 179,00€ bei
Waldorf 2-pole: Ein gelungenes Werkzeug, um Sounds zu verbiegen
Waldorf 2-pole: Ein gelungenes Werkzeug, um Sounds zu verbiegen
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