Praxis
Streichfett überfordert einen keineswegs beim Anschließen oder beim ersten Anspielen von Sounds. Alles ist selbsterklärend und übersichtlich, es funktioniert sofort und man weiß schnell, woran man ist. Der klare Aufbau passt zum überschaubaren Klangangebot, denkt man zunächst – nur um dann festzustellen, dass man hier doch viel (schöne) Zeit beim Klänge basteln verbringt. Egal ob man Poti-Fahrten durch die Registration-Settings macht, mit den Release-Reglern herumspielt oder Effekte hinzumischt, fast jede Parameterbewegung bewirkt etwas Gutes oder Interessantes. Besonders das Reverb klingt hervorragend, auch wenn es deutlich rauscht. Da es sich hier um eine digitale Klangerzeugung handelt, ist es aber nicht ausgeschlossen, dass sich dieser kleine Makel mit zukünftigen OS-Updates noch beheben lässt.
Man muss sich auch daran gewöhnen, nicht wirklich im Detail in die Klänge eingreifen zu können. Es gibt hier keine Regelmöglichkeiten für Filter, keine typische Auswahl für Oszillator-Schwingungsformen und auch keinen umfassenden Zugriff auf die Modulationsquellen, wie man es von anderen Synthesizern her kennt. Die vorgefertigten Registrations und die fließenden Übergänge zwischen den Settings bestimmen die Klänge.
Das Modulationsrad eines Masterkeyboards steuert immer die Geschwindigkeit und Intensität des Modulations-LFOs, der in den Klängen stets enthalten ist, sich aber oft erst bei Betätigung des Modulationsrads deutlich zu erkennen gibt. Verzichten muss man beim Streichfett auf Velocity-Ansprache und Aftertouch.
Die Macher von Waldorf vergessen im PDF-Handbuch und auf ihrer Website nicht zu betonen, dass hier zwar Klänge wie „Violin“, „E-Piano“ oder „Choir“ aufgedruckt sind, diese aber nur entfernt an ihre Namensgeber erinnern (sollen). Und damit haben sie durchaus Recht. So war das halt damals. Und so ist es auch noch heute. Denn andererseits kann man auch sagen: Auch Streichfett klingt nicht ganz so wie seine Vorbilder. Aber er ist nah dran.
Zunächst ein typisches, fettes Pad mit Chorus und Phaser.
Ein kleines Riff, zunächst nur mit dem Effekt Reverb versehen. In den folgenden Beispielen kommen die Effekte Ensemble und Phaser dazu.
Neben klassischen String Machine Sounds kann man Streichfett auch androgyne Synthesizer-Pads wie dieses entlocken:
Auch für simple Synthesizer-Klänge kann man Streichfett einsetzen.
Der Effekt „Animate“ klingt beispielsweise so:
Für dich ausgesucht
Selbst im Mono-Betrieb (nur der rechte Audioausgang ist verkabelt) klingt der Reverb gut, finde ich. Es rauscht allerdings merklich.
Der Tremolo-Effekt der Solo-Sektion wabert wie in diesem Beispiel:
Auch eine cheesy Organ bekommt der Streichfett hin:
Hier noch vier Beispiele zum Reverb (stereo). Man hört im Ausklang ein deutliches Rauschen, das ganz am Ende der Hallfahne etwas abrupt abbricht.
Hendrik sagt:
#1 - 23.08.2014 um 15:00 Uhr
Hi,schöner Test, aber Verarbeitungsqualität, naja, der Kippschalter von den Soundbänken rastet bei mir bei A und C nicht ein, das ist aber nicht das Schlimmste.
Rauschfahne, starkes Clipping beim Phaser sind da schon schlimmer(hört man übrigens auch in deinen Beispiel), auch hängt sich der Streichfett relativ oft auf, da hat Waldorf noch viel zum nachbessern.
Ansonsten geniales Gerät !LG
Atarikid sagt:
#2 - 31.08.2014 um 15:21 Uhr
Hall und Speicherplätze wären mir egal. Was mir nicht gefällt ist, dass der Sound immer leicht zerrt. Ganz gleich wie weit man den Streichfett oder den Gain-Regler am Pult runterzieht.
Richtig "seidige" Strings wollen einfach nicht. Ich hoffe sehr, dass Waldorf noch was macht...
Dr. Jekyll sagt:
#3 - 25.06.2015 um 12:16 Uhr
Hallo,
Gerade weil der Tester dieses Berichtes ein erfahrener Synthesizer-Enthusiast und Keyboarder ist bin ich mit dem Test nicht so richtig zufrieden.
Ich habe den Streichfett auch und klar, für den Preis kann man nicht meckern - steht also alles im Verhältnis. Aber warum man solchen Geräten dann immer gerne nachsagt sie wären nah an den Originalen dran, verstehe ich nicht.Ich bin selbst ausgebildeter Sounddesigner und kann und will nicht schlecht über digitale Klangerzeugung reden, da ich selbst einige digitale Klangerzeuger besitze. Ihre Stärken liegen aber meist woanders als in der "Fettheit" des Grundklanges. Okay, je nach DSP- Berechnung und Auflösung der Samplerate gibt's mittlerweile schon Synths, wie den Pro 2, die echt n fetten Klang haben.
Aber vergleicht man analoge und digitale Klangerzeuger in ihren ungeschliffenen Grundwellenformen, so wundert mich schon, wie harmlos Tester mit den Vergleichen umgehen.
Ich besitze selbst den Streichfett seitdem er auf dem Markt ist. Und mir gefiel der Klang auch sehr und ich denke in solch euphorischen Mometen des Antestens Dann auch oft: "Wow, klingt wie...". Aber wenn man dann erstmal einen wirklich legendären String-Synth wie den analogen Logan-Stringensemble daneben stellt, dann muss man schon taub oder sehr tolerant sein, um zu behaupten, die wären sich nahe. Die meisten analogen Grundwellenformen klingen unbearbeitet einfach irgendwie breiter. Ich bezeichne das gerne als "3-Dimensonaler". Es lässt sich auch schwer erklären. Ich habe schon andere Personen in Erstaunen versetzt, indem ich bei Klangvergleichstests ohne Fehler die analogen Originale erriet, selbst wenn ich sie nicht persönlich kannte. Gerade die Höhen und Obertöne sind oft irgendwie "lebendiger" und "schmerzen" selbst wenn der Klang aggressiv und spitz ist weniger in den Ohren. Es klingt weniger flach, weniger 2-Dimensinal und weniger metallisch, digital (oder wie immer man es nennen will).
Wenn man die Wärme einer Logan vernimmt, dann fällt es einem auf jeden Fall hinterher den Streichfett als Super Alternative zu betrachten. Vielleicht sollte man auch nicht immer nur vergleichen, sondern die Geräte als etwas eigenständiges betrachten. Doch oft beginnen ja die Herseller mit diesem Fehler in ihrer Werbung (z.B. Arturia mit dem Origin - was dem Gerät seine Eigenheit stahl).Das vermisse ich meist in den Tests. Dass man einfach mal sagt: "Klingt natürlich nicht wie ein Logan, kann er für den Preis auch nicht und stellt damit keinen Kritikpunkt dar." Außerdem klangen auch damals andere String-Synths nicht so fett wie der Logan. Demnach wäre es auch unfair immer die Königsliga gegenüberzustellen.
Aber muss man denn unbedingt immer behaupten "klingt fast wie..", "kommt näher ran" etc.?Außerdem kann ich den anderen Kommentatoren nur rechtgeben. Die Verarbeitungsqualität lässt z.T. zu wünschen übrig. Auch bei mir wollte der Kippschalter nicht immer einrasten. Also ging das Gerät zurück. Das Austauschgerät widerum zeigt optische Mängel. Die Gehäusedeckplatte ist nicht bündig mit den Kanten der Seitenschale. Das schaut billig aus, wenns so versetzt ist. Aber egal, nochmal wollte ich es nicht austauschen.
Dann sprachen die Kommentatoren auch von klanglichen Defiziten, die ich ebenso bestätigen würde. Zudem war es vor dem ersten Update so, dass wenn man das Gerät über USB betrieb, beim Klangschrauben ein hochfrequenter Piepton entstand, der nach dem loslassen der Taste auch nicht mehr verschwand.
In allen Foren sprach man von diesem Problem. Nun mag es sein, dass der Tester das Gerät auf diese Weise nicht testete. Aber ich finde zum testen gehört es auch, vorher zu recherchieren um auf Problematiken aufmerksam zu werden, denen man im Test dann näher nachgehen kann. Immerhin war es das Thema bezüglich des Streichfetts in den Foren.Ich hoffe der Tester nimmt mir diese Kritikpunkte nicht allzu übel. Viele Berichte gefallen mir sehr gut. Aber oft entdecke ich (auch auf Amazona.de) zu viel subjektive Euphorie und vermisse den Versuch dies ein wenig im Test zu trennen, oder dass die Euphorie auch als solche genannt wird.
Es stimmt nicht, wenn behauptet wird, dass dies bei Tests normal ist und lediglich persönliche Meinungen vertreten werden. Irgendwo zwar schon, aber es ist meiner Meinung nach als Tester oder Kritiker sehr wichtig ein Händchen dafür zu entwickeln eine gewisse Neutralität zu bewahren. Sonst werdet ihr irgendwann immer weniger ernst genommen. Mir geht das jetzt schon häufig so. Klar hängt die auditive Wahrnehmung zunächst mit einer subjektiven Wahrnehmung zusammen. Mein Ohr ist halt nicht deins etc. Aber wenn man erfahren und höhrerprobt ist sollte es einem leichter fallen auf den Ebenen etwas hin und her zu springen.Ansonsten gefällt mir der Test sehr gut. Man merkt die Mühe, die sich der Autor ansonsten gibt. Und auch de Leidenschaft. Und wenn man die Leidenschaft trennen kann vom Rest, dann ist auch meine Kritik unnötig. Aber die Tester sollten immer davon ausgehen, dass sich gerade die unerfahrenen und Jungen Leser nicht so sehr zu helfen wissen und wirklich nach einer möglichst objektiven Beratung suchen, um den Gerätekauf zu entscheiden.Und letztlich wird doch niemand meckern, wenn der Streichfett nicht wie ne Logan klingt. Immerhin sind die Geräte sowohl technisch, als auch preislich weit auseinander. Nur weil ein Gerät bei solch einem Vergleich die Nase vorne hat, muss das nicht heißen, dass das andere dadurch keine Kaufberechtigung hat.
Diese ständigen Vergleiche haben z.B. den Arturia Origin total schlecht aussehen lassen bei der Masse. Dabei ist das einer meiner Lielingsgeräte im Studio. Grundwelleformen zwar etwas dünn und in höheren Frequnezen nervig-schrill, aber es ist halt ein Origin und kein Moog. Und demnach bekommt man mit ihm auch Sounds hin, die nach Origin klingen - und das ist gut so.Also alles in allem ist der Streichfett, gerade durch seine Studio-Integration via Midi konkurrenzlos zur Zeit. Es gibt halt keine anderen Hersteller die sich um String-Synths kümmern. Außerdem ist er günstig, wenn auch zugleich irgendwie billig und qualitativ minderwertig (im Vergleich teurer Geräte).
Bei vielen entstand dadurch der Wunsch nach einem Streichfett, der qualitativer ist und dafür auch gerne das doppelte Kosten dürfte. Doch versteht man den Synthesizer-Markt und warum so manche tollen Geräte keine Umsatzrekorde schafften, dann hat Waldorf scheinbar, zumindest wirtschaftlich gesehen, alles soweit richtig gemacht. Überall werden Kompromisse gemacht. Das ist halt die Arschkarte des Systems in dem wir leben.
Dennoch freue ich mich immer wieder, wenn Hersteller auch mal Risiken in der Entwicklung eingehen und freue mich, wenn diese dann durch unerwartete Rekordverkaufszahlen belohnt werden, fern aller standardisierten Wirtschaftslehren und Prognosen.Sofern nicht irgendwann ein würdiger Nachfolger kommt werde ich den Streichfett nicht mehr hergeben. Ein wundervoller Exot zu einem unglaublich niedrigen Preis, einem Preis der niemals wehtut. Daher kann man meiner Menung nach kaum was falsch machen.Zum Autor noch: Versteh die Kritik nicht falsch. Mir würde mehr als zehnmal soviel Lob zu deiner Person einfallen. Dein Stil, wie Du ansonsten testest gefällt mir sogar so sehr, dass Du mit zu meinen Lieblingstestern zählst. Vielleicht auch deswegen die Kritik, damit Du davon lernen kannst und eine Art Gott unter den Testern wirst XD *lach*LG
Rikscha Service sagt:
#4 - 28.11.2017 um 07:51 Uhr
Hallo Allerseits,
der Test ist ja nun schon etwas älter, aber ich liebäugelte eigentlich damit, mir einen Streichfett neben den Rocket zu stellen.
Einige Kritikpunkte liessen mich jetzt erst einmal zögern.Sind denn inzwischen die Fehler durch ein Firmwareupdate behoben worden ?LG
Carsten sagt:
#5 - 16.02.2018 um 20:45 Uhr
Hallo allerseits ..
Nun ja, .. bei aller Kritik fehlt mir bei den Schreibern hier schlicht und einfach Kreativität. Ich selbst besitze noch den alten Roland Paraphonic RS-505 und hatte mich nach ersten noch vom klang meines Roland-strings unabhängigen Tests schon gewundert, was man da alles bekommt für's Geld.
Dann aber die Offenbarung:
Ich versuchte nun, meinen alten Roland-strings (nur die Strings-Sektion) mit dem Waldorf Streichfett zu vergleichen ..
Mit div. EQ-Einstellungen (2 Mal Parametrik) kam ich dann doch irgendwann doch sehr in die Nähe des alten String-ensembles ..
Hier ist also ein wenig Kreativität mit Klangparametern von Nöten ..
Ich bin sehr überzeugt - gerade von dem Chorus des Waldorf. Auch die anderen Klänge (Solo) kann man viel weicher gestalten, insofern man wie ich noch über ein analoges Mischpult verfügt .
Das mach scheinbar alle digitale Kälte wett .. und führt zu wirklich fantastischen Ergebnissen ..
Carsten sagt:
#6 - 16.02.2018 um 20:57 Uhr
Das Rauschen des Reverb, was nun übrigens fantastisch klingt, ist mit dem neuesten firmware-update gänzlich verschwunden, will sagen: meine EQ-Arbeit führt selbst bei "exotischen" Einstellungen nicht zu weiterem Rauschen .. :)