Warm Audio überrascht vor allem mit günstigen Nachbauten analoger Klassiker. Der Warm Audio WA76 wurde beispielsweise vom 1176 inspiriert, der WA12-500 wiederum von den API-312 Preamps.
Auch der EQP-WA hat ein äußerst prominentes Vorbild, und zwar kein geringeres als den Röhrenequalizer schlechthin: den Pultec EQP-1A. Dieser ist seit Dekaden im Einsatz, allerdings schon lange nicht mehr bezahlbar. Dass es sich hier um keinen 1:1-Nachbau handelt dürfte klar sein, was aber nichts Schlechtes verheißen muss. Wie er denn nun klingt? Nun, wir finden es heraus!
Details
Allgemeines
Der Warm Audio EQP-WA ist eine Replika des einkanaligen Röhren-Equalizers Pultec EQP. Die pastellblaue Kiste ist 2 HE hoch, 15 cm tief und wiegt stolze 3,2 kg. Ausgestattet mit amerikanischen Cinemag Ein- und Ausgangs-Übertragern bietet der EQ reichlich Eisen im Signalbild, was wir natürlich gut finden. Unter Zuhilfenahme der russischen Tungsol 12AX7- und 12AU7-Röhren findet wiederum die Aufholverstärkung statt.
Wer allerdings nach einer Röhre als Gleichrichter im Netzteil sucht, wird enttäuscht werden. Hier kommen günstigere und modernere Bauteile zum Einsatz. Die Übertrager sowie die Kondensatoren fallen auch wesentlich schlanker aus, als dies beim Original der Fall ist. Ebenso finden wir hier keine Punkt-zu-Punkt-Verdrahtung, sowie weitere Abweichungen, was einzelne Komponenten betrifft. Trotzdem kommt im Netzteil ein durchaus fetter Ringkerntrafo zum Einsatz – so wuchtig wie beim Original steht dieser allerdings nicht aus der Rückseite heraus.
Aber nur so (und dank moderner Fertigung und hohen Stückzahlen) kann der Warm Audio EQP-WA für knapp unter 800 Euro angeboten werden. Für die neu aufgelegten Originale verlangt Pultec mit Stückpreisen zwischen 4000 und 5000 Dollar hingegen mindestens das Vierfache. Das „originale Original“ aus den 50ern ist gebraucht – wenn überhaupt – ab 8000 Euro zu haben.
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Die Bedienelemente der Front
In klassischer Pultec-Manier gibt es ein passives EQ-Netzwerk bestehend aus einem Low Filter, bei dem gleichzeitig geboostet und gecuttet werden kann, sowie zwei Notch-Filter (einmal Cut, einmal Boost). Im Zusammenspiel sorgen beide für komplexe Filterkurven, welche den unbeschreiblich musikalischen Klang dieses Equalizers ausmachen. Auch Manley und ihr „Massive Passive“-Röhrenequalizer-Monster nutzen übrigens diese Vorgehensweise.
EQ-Bypass, aber kein True-Bypass
Doch zurück zu unserem Warm Audio: Ganz links außen finden wir einen kleinen Kippschalter für den Bypass. Es handelt sich hierbei übrigens um keinen True-Bypass, da hier leider nur der EQ-Pfad aus dem Schaltkreis genommen wird. Somit kann man einerseits die färbende Gainstufe auch ohne EQ nutzen, sobald das Gerät allerdings vom Strom genommen wird, läuft das anliegende Signal in eine Sackgasse.
Das Bass-Filter
Daneben befindet sich das Bass-Filter des EQP-WA. Es bietet zunächst zwei sehr große Schleifpotis mit einer moderaten Rasterung. Eines davon ist für den Boost (0 bis +12 dB), das andere für den Cut (0 bis -18 dB) angedacht. Ein weiterer Drehschalter bestimmt die gemeinsame Einsatzfrequenz. Dieser Schalter kennt sieben Positionen und zwar 20 Hz , 30 Hz, 60 Hz, 100 Hz, 200 Hz, 400 Hz und 800 Hz. Der Kenner wird merken, hier geht deutlich mehr als beim Original, welches nur bis 100 Hz arbeitete.
Die Mitten-/Höhen-Filter
In der Mitte finden wir ein Poti, welches die Filtergüte (Q-Faktor) beider Höhenfilter gleichzeitig bestimmt. Null erzeugt dabei das engste Filter, zehn das breiteste. Mit dem Boost-Poti können hier nun bis zu +18 dB hinzugefügt werden, mit dem Cut kann wiederum auf bis zu -14 dB abgesenkt werden. Im Unterschied zum Bassfilter können beim Höhenfilter des Pultec-Klons die Einsatzfrequenzen für Boost und Cut allerdings getrennt gewählt werden.
Der Drehschalter des High-Boosts kennt erneut sieben Positionen, welche folgendermaßen lauten: 3 kHz, 4 kHz, 5 kHz, 8 kHz, 10 kHz, 12 kHz und 16 kHz. Hier orientiert man sich übrigens wieder streng am Original, der Highcut hingegen kennt mit 3 kHz und 4 kHz neben 5 kHz, 10 kHz und 20 kHz zwei Positionen mehr als das Original. Sowohl das Highcut- als auch das Bassfilter sind dem Original also mit je drei und zwei weiteren möglichen Einsatzfrequenzen sogar ein Stück weit voraus. Ich denke übrigens nicht, dass dies aus Dienst am Kunden geschah, sondern lediglich aus Markenschutz-Gründen.
Fade to brown
Auf der Front des Warm Audio EQP-WA glüht ein rotes Statuslämpchen, der Kippschalter daneben schaltet das Gerät an und aus. Sollte man das Gerät ausschalten, gelangt aufgrund des fehlenden True-Bypass natürlich kein Signal mehr durch das Gerät. Das Netzteil entlädt dabei aber so schön langsam, dass man das Ausschalten bzw. den Brown-Out durchaus auch für einen Fade-Out missbrauchen könnte.
Einfache Rückseite
Die Rückseite könnte kaum simpler aufgebaut sein. Links finden wir die IEC-Spannungsbuchse nebst Sicherungsfach und Spannungswahlschalter, nebenan ein fettes Masseschräubchen sowie natürlich den Aus- und den Eingang. Für beide stehen jeweils eine XLR-Buchse und eine symmetrische Klinkenbuchse (TRS) zur Verfügung. Für eine optimale Performance sollte aber nur jeweils eine der beiden Buchsen belegt sein.
Lieferumfang
Der EQP-WA kommt pragmatisch verpackt und bringt ein Kaltgerätekabel sowie ein gedrucktes, ausführliches englisches Manual inklusive Geschichtsstunde mit. Im Handbuch finden sich außerdem Skizzen der Bedienfront, sodass man sich seine Lieblingssettings der letzten Session einfach „einmalen“ kann. Oldschool at it´s best!
Technische Daten
Für die Zahlen-Nerds unter euch noch die wichtigsten Messdaten laut Hersteller: Der Übertragungsverlauf wurde innerhalb der +/-1dB-Marken mit 20 Hz bis 50 kHz beziffert, das Eigenrauschen wiederum mit -75 dB bewertet. Die Ein- und Ausgangs-Impedanz beläuft sich in beiden Fällen auf jeweils 600 Ohm.
Die Handschuhe wären geschnürt, auf in den Praxis-Ring!