Wir haben den Mikrofon-Vorverstärker TB12 Tone Beast von Warm Audio im Test. Wie auch der kleinere WA12 bietet das Biest einen diskreten Transistorpreamp auf Basis eines klassischen Designs zu einem ausgesprochen günstigen Preis. Doch hier wurde noch eine Schippe draufgepackt: Der TB12 hat eine Reihe von Zusatzfunktionen verpasst bekommen, die ihn zur “Ton-Bestie” machen sollen. Mal sehen!
Wie alle drei Warm-Audio-Preamps basiert der Tone Beast auf einem Verstärker-Klassiker: Vorbild für die Warm-Audio-Geräte ist der API 312, eine Preampkarte, die der Mischpulthersteller API seit Anfang der 70er-Jahre in seinen Konsolen verbaute. Diese im Original kleine, aber äußerst effektive Platine, die im wesentlichen aus zwei Audio-Übertragern und einem diskreten Transistor-OpAmp besteht, ist zu einem guten Teil für den tighten API-Sound mitverantwortlich. Das im Vintage-Vorbild recht simple Design lässt sich (unter Verwendung hochwertiger Komponenten) recht einfach nachbauen, was Warm Audio mit dem WA12 unter Beweis gestellt hat. Der TB12 hingegen zeigt, dass sich dieses Straightforward-Design auch hervorragend erweitern lässt. Und so kommt das Tone Beast mit einer ganzen Reihe Optionen daher, die seinem Namen alle Ehre machen könnten – ob das funktioniert, zeigt der Praxistest.
Details
312… und noch mehr ist dabei!
Für Grundlegendes zu diesem Preamp-Design sei auch auf meinen Test des WA12 500 verwiesen. Noch einmal die Basisdaten in aller gebotenen Kürze: Auch der TB12 holt aus seinen diskreten Class-A-Signalwegen einen maximale Vorverstärkung von sehr ordentlichen 71 dB. Doch während der WA12 mit einer guten Auswahl an Standard-Featurs überzeugen kann, so glänzt das Tone Beast mit praktisch allen Extras, die man sich bei einem Mic Pre nur wünschen kann. Angefangen mit der Input-Sektion: Der TB12 kann Mic-, Line- und Instrumentensignale verarbeiten und bietet mit Phantomspeisung, Phaseninbertierung einem -20-dB-Pad sowie einen 80-Hz-Trittschallfilter alle Einstellmöglichkeiten, die an dieser Stelle sinnvoll sind. Alle Schaltfunktionen werden – als nicht zu unterschätzendes Detail – mit roten LEDs unterstützt, so dass man stets hevorragend über den Betriebszustand informiert bleibt.
Biest-Kontrolle
Ungleich mehr – und teilweise deutlich subtilere – Optionen bietet die Abteilung „Tone Control“. Was hier passiert, lässt sich am besten vergegenwärtigen, wenn man sich den Signalweg des Preamps betrachtet. Dieser ist wie eingangs erwähnt mit zwei Übertragern und einem einzigen diskreten OpAmp in Class-A-Betriebsweise sehr simpel konstruiert. Warm Audio sorgt nun aber für klangliche Optionen, indem wesentliche Bauteile der Schaltung doppelt vorhanden sind, und man auf diese Weise zwischen verschiedenen Charakteren umschalten kann. Da ist zunächst einmal der OpAmp selbst: Hier bietet Warm Audio die Optionen x731 und x18. Hinter ersterer Beschreibung verbirgt sich ein Operationsverstärker des Typs Melcor 1731; dabei handelt es sich um einen Vorläufer von APIs legendärem 2520, der noch heute in allen API-Geräten zum Einsatz kommt. Der 1731 hat einen recht „sweeten“ mittigen Ton, den der Hersteller, dennoch nicht untreffend, mit dem etwas nebulösen Attribut „Vintage“ beschreibt. Daneben kommt im x18-Setting ein OpAmp des Typs 918 zum Einsatz, welcher, von Dean Jensen entwickelt, deutlich klarer und offener zu Werke geht. Beide OpAmps sitzen in klassischen 6-Pin-Sockeln und können somit, wozu der Warm Audio ausdrücklich ermutigt, gegen zahlreiche Optionen aus dem Drittanbieter- und DIY-Sektor getauscht werden, was die klanglichen Optionen nochmals vervielfacht.
Stahl oder Nickel?
Auch bei den Übertragern gibt es Wahlmöglichkeiten. Alle drei Übertrager sind hochwertige Exemplare des amerikanischen Premiumherstellers Cinemag. Während der Eingangsübertrager fest ist, kann man sich am Ausgang abermals zwischen zwei Optionen entscheiden. Die „Steel“-Variante verfügt über einen Wicklungskern aus Eisen und präsentiert sich abermals als die mittigere, stärker gefärbte Variante. Demgegenüber verfügt die „Nickel“-Option über einen 50%-Nickelanteil im Kern und klingt im Gegenzug etwas sauberer und offener. Schließlich können die Ausgangsübertrager aber auch komplett umgangen werden. Dies resultiert in einem Pegelverlust von 8 dB und einem nochmals klareren Klang. Schließlich, als dritte Variante, können noch zwei Kondensatoren aus der die OpAmps umgegebenden Schaltung per Knopfdruck getauscht werden. Das „Vintage“-Setting aktiviert zwei Tantal-Kondensatoren, das „Clean“-Setting zwei gewöhnliche Elektrolytkondensatoren. Dies ist mit Abstand die subtilste „On-the-Fly-Modifikation“, die man beim Tone Beast vornehmen kann. Manchmal hört man auch mit kritischsten Ohren keinen Unterschied, bei zunehmender Intensität der Sättigung werden die Differenzen aber deutlicher.
Tone: Gain rauf, Impedanz in den Keller
Abschließend bietet diese Sektion noch den „Tone“-Schalter, den wir bereits vom WA12 kennen. Er ist auf allen drei Inputs aktiv, besonders entscheidend aber beim Mic-Input. Hier setzt er die sowieso recht geringe reguläre Eingangsimpedanz von 600 Ohm (üblicher sind 1,5 oder 2 kOhm) weiter herab, auf 150 Ohm. Gleichzeitig sorgt für einen Level-Boost von 6 dB. Höheres Gain kann zwar vorteilhaft für den Einsatz von Bändchenmikros sein, doch üblicherweise setzen Ribbon-Modes bei Vorverstärkern die Impedanz hoch, nicht herunter. Generell kann man diesen Modus aber als Klangvariante betrachten und bei allen Signalen und Quellen ausprobieren, welche Option einem besser gefällt.
Bei dem Preis leider kaum anders machbar: Externes Steckernetzteil
Während man der eigentlichen Audioschaltung also nicht anmerkt, dass sie in einem Gerät sitzt, das ich noch der Budget-Klasse zuordnen würde, finden wir am Gehäuse ein paar Hinweise darauf. Generell ist der TB12 sehr robust konstruiert, wirkliche Mängel konnte ich an keiner Stelle finden. Im Gegenteil, das Tone Beast fühlt sich sehr solide an! Der Look kann sich für meinen Geschmack mit dem edlen Understatement mancher Highendlösung nicht messen, aber auf der anderen Seite unterstützt das punkige Erscheinungsbild durchaus den „biestigen“ Charakter des TB12, der sich einstellt, wenn man die Kiste ein bisschen heißer anfährt. Nicht so gut gefallen hat mir der externe Netztrafo vom Typ „Wandwarze“, aber das ist wohl mit Blick auf den günstigen Preis unvermeidlich. Ein weiterer Kritikpunkt ist die LED-Kette mit fünf Segmenten, die den Ausgangspegel anzeigt. Das reicht im Kern erst einmal aus und das ist auch gar nicht der Punkt. Aber die LEDs haben alle unterschiedliche Farben, und die erste, die stets aufleuchtet, ist blau und erheblich heller als die anderen, was einen durchaus blenden kann. Mein Vorschlag hier: Entweder auf die blaue LED gleich ganz verzichten (vintagemäßig sieht das eh nicht aus…), oder aber wenigstens eine nehmen, die weniger hell leuchtet… Dafür verfügt das Tone Beast aber noch über einen Insert-Weg, der zwischen dem OpAmp und dem Ausgangsübertrager abgegriffen wird und über ein weiteres nettes, weil ungewöhnliches Feature beim Instrumenteneingang. Dieser wird über eine eine kleine Transistorschaltung ebenfalls über den Eingangsübertrager geführt, damit auch diese Signale vom Klang des Cinemags profitieren können.