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Warm Audio WA-19 Test

So klingt das Warm Audio WA-19 als Mono-Overhead

Wenn dynamische Tauchspulenmikrofone damit beworben werden, dass sie auch als Overheads eine gute Figur machen, weckt das sogleich mein Interesse. Das komplexe Gemenge aus breitem Frequenzbereich, schnellen Transienten und hoher Dynamik stellt viele dieser Mikros nämlich vor Herausforderungen, wenn es um mehr gehen soll als „Flavor-Sounds“ mit ordentlich Kompression. Also baue ich mein 1979er Yamaha Recording Drumset auf und platziere das WA-19 95 Zentimeter über der Snare als Mono-Overhead, zunächst ohne am Rad zu drehen – entschuldigung: das Filter zu aktivieren. Als Vergleichsmikrofon kommt mein treues Beyerdynamic M201TG zum Einsatz, übrigens ebenfalls als Allrounder mit Overhead-Kapazitäten empfohlen.

Overhead AKG D19
Als Mono-Overhead soll das Vorbild AKG D19 an Ringos Drumset gute Dienste geleistet haben.

Das Ergebnis fällt recht klar zugunsten des M201 aus, welches über den gesamten Bereich solider klingt. Es holt das Floortom näher heran und besitzt eine bessere Tiefenstaffelung, im Mix klingt es insgesamt natürlicher. Trotzdem höre ich heraus, warum das WA-19 unter Retrofreunden Punkte machen könnte. Die leicht brüchigen, verbreiterten Transienten erzeugen eine „gemütliche“ Räumlichkeit, die durch den Einsatz eines Kompressors noch verstärkt werden dürfte.

Das Aktivieren des Low Cuts auf die Maximalstellung, also – 10dB, liefert eine Überraschung, denn der Effekt ist alles andere als subtil. Der eh schon schlanke Bassbereich glänzt jetzt durch nahezu vollständige Abwesenheit, was die Vermutung nahelegt, dass dieses Low Cut wesentlich höher ansetzt.

Audio Samples
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Mono Overhead, im Mix Mono Overhead, solo Mono Overhead, Low Cut, im Mix Mono Overhead, Low Cut, solo Beyerdynamic M201TG, Mono Overhead, im Mix Beyerdynamic M201TG, Mono Overhead, solo

An Snaredrum und Racktom

Ausdrücklich empfiehlt Warm Audio das WA-19 auch an der Snaredrum, also positioniere ich das kompakte Mikro etwa drei Zentimeter über den Rand auf die Fellmitte zeigend. Als Referenz, wie könnte es anders sein, darf natürlich das gleichermaßen geliebte und geschmähte, aber immer obligatorische Shure SM57 fungieren. Die bereits oben bemerkte Bassarmut zeigt sich auch hier und zwar ohne aktiviertes Filter. Gleichzeitig tritt ein recht ausgeprägter „Dosencharakter“ hervor, welcher wiederum einen gewissen Retrocharme hat, für die moderne Allround-Anwendung meiner Meinung nach aber nur eingeschränkt taugt. Im Mix fällt auch die recht intensive Einsprechung aus der Hi-Hat auf. Hier wirkt das SM57 wesentlich griffiger und besitzt mehr „Wumms“.

AKG D19 Clone Warm Audio AW-19 an der Tom
Gute Resultate liefert das WA-19 auch am Racktom.

Dass es dem anschließend abgenommenen 12“ x 8“ Racktom ebenfalls an Fundament mangelt, überrascht also wenig, allerdings passt der Charakter des WA-19 trotzdem sehr gut zu offen gestimmten Toms. Der Anschlag klingt klar aber nicht aufdringlich und die leichte Brüchigkeit verleiht der Trommel einen sehr transparenten Ausklang. Zum Vergleich habe ich euch mein Electro-Voice N/D 468 aufgenommen.

Audio Samples
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Snaredrum, im Mix Snaredrum, solo SM57, Snaredrum, im Mix SM57, Snaredrum, solo 12“ Racktom, im Mix 12“ Racktom, solo EV 468, 12“ Racktom, im Mix EV 468, 12“ Racktom, solo

Als Bassdrum-Mikro: dünne Bässe, transparente Mitten

Auch an der Bassdrum musste sich das Warm Audio WA-19 beweisen und, wen wundert es, auch hier fällt natürlich der sehr schlanke Bass ins Ohr. Sehr gut gefällt mir allerdings der transparente, luftige Mittenbereich, der das „Atmen“ der Trommel sehr schön abbildet. In Kombination mit einem weiteren Mikrofon, zum Beispiel einem Subkick, Großmembraner oder Bändchen, kann ich mir so sehr gute Resultate vorstellen.

Kick Drum Vintage Style AKG D19
An der 22“ x 14“ Yamaha 9000 Bassdrum: Für die meisten Ohren vermutlich zu schlank.
Audio Samples
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Bassdrum, im Mix Bassdrum, solo Electro-Voice N/D 868, im Mix Electro-Voice N/D 868, solo

Warm Audio WA-19 für Sprache

Das Vorbild D19 wurde damals auch als Sprechermikrofon verwendet, ein Tischfuß war oft dabei. Ich bin weder Sprecher noch Sänger, für die Demo dürfte es jedoch reichen. Ich habe den Fokus hier jedoch auf den Filter und die Bedienung als Handheld-Mikro gelegt. Wie ihr hören könnt, erzeugt das WA-19 in Neutralmodus einen recht retro-inspirierten Broadcast-Sound, mit aktiviertem Filter entzieht es dem Signal jedoch jegliche Bässe. Mit einem Software-EQ nachgebaut, muss man das Neutralsignal bei satten 280 Hertz absenken, um auf ein ähnliches Ergebnis zu kommen. Und auf noch etwas solltet ihr achten: das Umfassen des Schaftes mit der Hand verschließt die seitlichen Öffnungen und zerstört damit die Richtwirkung. Das Resultat klingt wenig schmeichelhaft.

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Sprache, neutral Sprache, mit voll aktiviertem Filter Sprache, seitliche Öffnungen durch Handballen verdeckt

Alternativen zum Warm Audio WA-19

Eine auch preislich passende Alternative zum WA-19 zu finden, ist gar nicht so einfach. Das liegt nicht nur am einzigartigen Low Cut Filter, sondern auch am speziellen, stark auf Retro getrimmten Sound. Shure hat mit dem 545 ein ähnliches Konzept im Programm. Wer einfach einen sehr gut klingenden Instrumenten-Allrounder (mit ebenfalls bis in die 60er Jahre zurückreichender Historie) sein Eigen nennen möchte, sollte sich das Beyerdynamic M201TG anschauen.

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Profilbild von Gunther Mai

Gunther Mai sagt:

#1 - 15.07.2024 um 19:54 Uhr

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Der Tester darf sich gerne mal ins Thema VariableD einlesen, um zu verstehen, was man da hört.

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