PRAXIS
Tune
Das Graphical User Interface (GUI) von „Tune“ wird von einem mittig angeordneten Pianorollen-Editor dominiert, auf dessen Raster die Töne einer eingelesenen Gesangspur mit Balken dargestellt werden. Das Einlesen geht mehr oder weniger automatisch von statten: Sobald ein Audio-Event auf der Spur beginnt, in der Tune geöffnet ist, wird er analysiert und in Form der oben genannten Balken sichtbar gemacht. Bei wiederholtem Abspielen aktualisiert sich der Speicher ständig ohne merkbare Latenzen. In den oben gerade genannten Balken selbst befinden sich noch einmal zwei Kurven: eine orangefarbene Kurve, die den analysierten Tonhöhenverlauf darstellt und eine grüne, die den angepassten bzw. veränderten Pitch repräsentiert. Unter dem Pianorollen-Fenster sind die Bearbeitungswerkzeuge wie das Verschiebe-Werkzeug und das Finetuning-Tool platziert. Wenn man damit keine guten (natürlich klingenden) Tuning-Ergebnisse erreicht, kann man mit dem Stift- oder Kurvenwerkzeug auch eigene Pitch-Verläufe einzeichnen. Das funktionierte bei meinem Test nicht immer ohne hörbare Verfremdungen der Stimme. Am Rande des Plug-in Fensters befinden sich viele wichtige Parameter, mit denen man festlegt, wie die Tonhöhenkorrektur grundsätzlich arbeiten soll. Ob schnell und drastisch, ob sanft und zeitverzögert oder auch ganz generell, wie „falsche“ Töne interpretiert werden sollen. Besonders wichtig bei Tonhöhenverschiebungen ist die Behandlung der Formanten, da man sonst schnell bei Schlumpf-Stimmen und Ähnlichem landet. Tune bietet diesbezüglich für alle klassischen Stimmregister einen Formant-Modus an. Auch eine Rasterverfeinerung durch auswählbare Tonarten, eine regelbare Vibrato-Erkennung und eine globale Transponierungsfunktion ist integriert. Sogar an MIDI Export der analysierten Töne wurde gedacht.
Tune öffnet sich in einem Plug-in Fenster, das in seiner Größe unveränderbar ist. Auch ein Vollbild-Modus ist nicht möglich. Das führt dazu, dass man viel zoomen und hin und her scrollen muss, um längere Passagen bearbeiten zu können. Das ist lästig. Mit den einzelnen Parametern und Werkzeugen kommt nach einer kurzen Anlernphase schnell zu Recht, das PDF-Handbuch in englischer Sprache hilft gut und gerne bei allen Fragen. Bei der Bearbeitung von Gesangsstimmen sind mir passable bis gut klingende Ergebnisse gelungen. Zum Tunen von (monophonen) Instrumenten eignet sich das Plug-in aber leider überhaupt nicht. Es war mir beispielsweise nicht möglich, eine E-Basslinie zu editieren, der tonale Bereich wurde von Tune nach unten raus einfach nicht ganz abgedeckt. Ein anderer Versuch, Töne eines Glockenspiels mit Tune umzustimmen, missriet ebenfalls kläglich. Hier wurden die Töne teilweise komplett falsch interpretiert. Noch ein Kritikpunkt ist, dass es nicht möglich ist, die „Tonbalken“ auf der vertikalen Achse zu verschieben. Korrekturen bezüglich Timing oder Rhythmus sind mit Tune also nicht machbar.
Tune funktioniert mit Abstrichen gut bei Vocals, wenn man sich im Microtuning-Bereich von -50/+50 Cent bewegt. Bei (monophonen) Instrumenten konnte ich keine brauchbaren Ergebnisse erzielen. Alles in allem hinkt Tune in puncto Klang, Bedienung und Funktionsumfang seinen Mitbewerbern hinterher. Wer mehr auf Hobbyniveau Vocal-Tuning betreiben will, für den könnte dieses Plug-in interessant sein. Oder auch für Songwriter, die mehr zu Demozwecken mal schnell den Gesang ein bis zwei Töne transponieren möchten. Die Frage wäre nur, ob das die Standardeffekte der einschlägigen DAWs nicht ähnlich gut können. Hierfür drei Sterne.
Renaissance Channel
Für den Waves-Kenner dürften die Einzelkomponenten dieser Kombination gute Bekannte sein, denn hier wurden Renaissance Kompressor, Renaissance EQ 4 und Renaissance Vox zu einem Kanalzug fusioniert. Das steht soweit schon einmal für altbewährte Qualität. Besonders interessant macht sich Renaissance Channel durch die zwei Side-Chain Wege für den Kompressor und Gate/Expander. Als Side-Chain kann man ein externes Signal oder das interne Signal nutzen, auf Wunsch auch vor der Filterung durch den 4-Band EQ. Das Beste ist jedoch, dass die Side-Chain Wege nochmals mit eigenen Filtern ausgestattet sind, mit denen man sich sein Steuersignal zurechtbiegen kann, wie man es benötigt. Mit einem Bandpassfilter im Hochmittenbereich kann man den Kompressor beispielsweise zum DeEsser machen, setzt man einen HiCut bei 500 Hz, bearbeitet der vornehmliches Tiefes und Dröhnendes. Die „Listen“-Funktion dient zum Vorhören bei solchen Vorhaben. Auch wenn das EQ-Grafik-Fensterchen nicht gerade riesig ist, gibt es einen guten Überblick über die EQ-Einstellungen. Vor allem auch die Tatsache, dass man mit der Maus EQ-Kurven „zeichnen“ kann, verbessert den Workflow erheblich. Nur auf einen grafischen Analyser muss man hier verzichten.
Klanglich gefällt mir der Renaissance Channel mit seinem neutralen Klang sehr gut. Er ist ein effektives und leicht zu bedienendes All-In-One Werkzeug, um Frequenzen und Dynamik aller möglichen Signale mit wenigen Mausklicks in den Griff zu bekommen und das alles in einem Plug-in Fenster. Die flexiblen Side-Chain Funktionen erlauben sogar Kompression für Fortgeschrittene. Der Renaissance Channel ist übrigens im Waves Webstore auch einzeln für umgerechnet ca. 100 Euro erhältlich. Für mich der Star dieses Ensembles! Hierfür fünf Sterne
Für dich ausgesucht
Renaissance Axx
Ganze drei Parameter findet man hier: Attack, Threshold und Gain. Ratio und Release werden automatisch angepasst. Im Ausgang ist dazu ein „unsichtbarer“ und nicht weiter beeinflussbarer Limiter untergebracht, der Übersteuerungen verhindert. Hier wird sich klar aufs Unverzichtbare beschränkt. Gut gefallen hat mir Renaissance Axx auf Vocals, Gitarre, Bass und Bläsern, aber nur dann, wenn hörbare Kompression erwünscht ist. Für Drums, Bus- oder Summen Kompression ist dieses Plug-in in Ermangelung von Ratio- und Release-Parametern wohl meist zu unflexibel.
Dieser Kompressor im Gitarrenverstärker Tweed-Look ist eine gute Wahl, wenn es um wirkungsvolle bis hörbare Kompression von Einzelsignalen geht. Dazu ist er kinderleicht zu bedienen. Oder sagen wir besser „idiotensicher“. Renaissance Axx klingt gut auf Vocals, Bläsern, Gitarren und E-Bass und packt kräftig zu, frei nach dem Motto: „Die Axt im Haus ersetzt den Zimmermann“. Ich mag dieses Plug-in! Hierfür vier Sterne.
Renaissance DeEsser
Das GUI des Waves Renaissance DeEssers wirkt aufgeräumt. Links unten hat man die Auswahlmöglichkeiten bezüglich Frequenz, Filter und den beiden Betriebsarten „Split“ und „Wide“. Rechts daneben sind die zwei Slider namens Range und Threshold angeordnet. Mit ihnen definiert man, wie sensibel der Kompressor anspricht und wie stark er absenken soll. Rechts unten findet man eine Vorhörfunktion des S-Detektors im Side-Chain. Und auch optisch kann man den DeEssing-Vorgang überwachen: Eine dynamische Grafik in der Mitte zeigt den definierten Frequenzbereich und die Absenkungsaktivität an.
In meinem Test hat der Renaissance DeEsser durchweg gute Ergebnisse geliefert. Etwas Herumprobieren mit Bell- und HighPass Filter sowie Split- und Wide-Modus muss man allerdings schon, das Finden des richtigen Frequenzbereichs ist nicht alles! Und dass einem mit Range und Threshold zwei Parameter zur Bestimmung des Kompressionsverhaltens zur Verfügung stehen, ist nicht nur ein gutes Feature, sondern auch ein entscheidendes Unterscheidungsmerkmal zum „einfachen“ Waves Kompressor.
Der Renaissance DeEsser ist ein präzise arbeitendes und leicht zu verstehendes Werkzeug. Klanglich gefällt es mir um Längen besser als das, womit die bekannten Audiosequencer Programme so serienmäßig aufwarten. Gegenüber dem „normalen“ Waves DeEsser hat man ein paar Parameter mehr zur Verfügung, was sich auszahlt. Auch soll hier laut Waves im Unterschied zum kleinen Bruder ein phasenbereinigter EQ zu Grunde liegen. Wer noch auf der Suche nach einem Software DeEsser ist: Dieser könnte eine gute Wahl sein. Hierfür vier Sterne.
DeBreath
DeBreath ist ein Werkzeug, um die Geräusche des Ein- und Ausatmens zu unterdrücken, ein spezialisiertes Noisegate, wenn man so will. Zwei Parameter stehen zum Anpassen bereit: Breath und Energy. Breath untersucht den Klang, Energy die Lautstärke. In meinem Test ist es mir nicht gelungen, wirklich befriedigende Ergebnisse zu erzielen. Hatte ich eine Einstellung gefunden, in der erste Atmer sauber unterdrückt wurde, ging das Plug-in beim nächsten wieder zu drastisch vor. Abgeschnittene Worte waren die Folge. Nicht selten ist es ja so, dass ist der Übergang zur ersten oder letzten Silbe eines Wortes fließend ist.
Ein Plug-in „kann funktionieren, muss aber nicht“. Grundsätzlich ist DeBreath ein guter Helfer, der Bearbeitungen im Studio unter Umständen schneller machen kann. DeBreath vertut sich jedoch gelegentlich, egal wie lange man mit den zwei Parametern „Breath“ und „Energy“ herumprobiert. So kommt es bisweilen zu abgeschnittenen Wörtern, da könnte man dann auch gleich ein Noise Gate nehmen. Ich würde solche sensiblen Arbeiten immer selbst mit Schere- und Fade-Werkzeug machen! Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Hierfür zwei Sterne.
Doubler
Der Doubler liegt in mehreren Versionen vor: als 2fach oder 4fach Doubler sowie in Mono-, Stereo- oder Mono->Stereo-Ausführung. Es gibt einige gute Presets, von denen ausgehend man sich schnell in die Arbeitsweise dieses Plug-ins hineindenken kann. Die Displays, über die man das Plug-in im Übrigen auch grafisch editieren kann, verdeutlichen optisch gut, was hier gerade im Detail passiert. Gesang oder auch Gitarren wirken räumlicher und voller, insbesondere bei den Mono->Stereo-Versionen. Allerdings auch deutlich künstlicher. Es lassen sich übrigens auch lustige Effekt- und Fantasy-Stimmen mit dem Doubler machen! Klanglich im unteren Mittelfeld, ästhetisch in den späten Achtzigern. So richtig überzeugt bin ich nicht. Mit Chorus/Flanger, Octaver und Delay könnte man sich sicherlich auch selbst so einen Doubler basteln.
Wer auf Chorus- und Flanger-Sounds steht, dem könnte der Doubler Freude machen. Wer aber ein Plug-in sucht, das den beliebten “Double-Tracking“ Effekt erzeugt, den man durch Überlagerung von (fast) gleichen Takes erhält, sollte sich besser weiter umschauen. Der Waves Doubler macht Signale zwar voller und räumlicher, fügt dem Klang aber auch eine gute Portion Künstlichkeit hinzu. Hierfür zwei Sterne.