Fehlt „Wärme“ im Track, hält Saturation eine Lösung bereit. Muss alles etwas „zusammengeklebt“ werden, entpuppt sich Saturation als unser bester Freund. Was aber passiert, wenn sich Saturation und ein grafischer, parametrischer Equalizer zusammen in einem Plugin wiederfinden? Die mallorquinische Firma Wavesfactory liefert die Antwort: Spectre.
Checkliste zum Kauf von XY
- Multiband Saturation in 10 verschiedenen Stilen
- Individuelle Verzerrung von Mitten- und Seiteninformationen
- Bearbeitungsbereich von 20 – 20 kHz
- Oversampling für Artefakt freie Bearbeitung
DETAILS & PRAXIS
Konzept und GUI
Spectre ist ein paralleler Multiband-Saturator, der die Differenz zwischen dem Eingangs- und dem EQ-Signal bearbeitet. Durch eine Mid/Side-Matrix balanciert Spectre Frequenzen mono- oder stereolastiger, was das Plugin nicht nur für Einzelspuren, sondern auch für die gesamte Busbearbeitung interessant macht.
Spectre erinnert mit seinen fünf Bändern stark an Oeksounds Soothe, obwohl sich die Funktionsweisen deutlich unterscheiden. Im Zentrum des GUIs: ein grafisches Interface mit fünf Bändern, zwei davon Shelf Filter und drei davon Bell Filter. Die Bänder kann man bei 20 Hz bis 20 kHz um bis zu 12 dB anheben, um Saturation hinzuzufügen. Der Q-Faktor der einzelnen Bänder rangiert wie bei einem herkömmlichen EQ zwischen 0.10 und 10.00.
Dies ist super, da man so nicht nur Höhen und Tiefen breitbandig anzerren, sondern auch einzelne Resonanzen harmonisch bearbeiten kann. Mit einem breitbandigen Multiband-Saturator wie z.B. dem Exciter aus Izotopes Ozone ist das nicht möglich.
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Farbe, Farbe, Farbe!
Die einzelnen Bänder verfügen über elf verschiedene Saturationtypen, von Tape über Tube bis hin zu Bit-Verzerrung ist so einiges dabei.
Überblick über die verschiedenen Saturationtypen:
- Solid: Transistorartige, leichte Soft-Clipping-Verzerrung.
- Tape: Bandverzerrung, ideal für Kickdrum und Bass.
- Tube: Symmetrische Tubeverzerrung mit leichtem Soft Clipping.
- Warm Tube: Ähnlich wie Tubeverzerrung, mit mehr Fokus auf tiefe Frequenzen.
- Class B: Soft Clipping, Crossover Verzerrung. Ideal für transientenlastiges Material wie Drums und Percussions.
- Diode: Symmetrische Verzerrung; ähnlich wie im Tube-Modus, aber mit Fokus auf hohe Frequenzen.
- Bit: Bitcrusher, reagiert als einziger der Saturationtypen stärker, wenn das Signal leiser ist.
- Digital: Hard Clipping Verzerrung.
- Rectify: Verwandelt alle negativen Werte des Signals in positive und pitched den Sound dadurch hoch.
- Half Rectify: Entfernt alle negativen Werte aus dem Signal.
- Clean: Paralleler EQ ohne Saturation oder Verzerrung.
Mit diesen Saturationstypen verwandeln sich Spectres EQ-Bänder in färbende, mitunter sehr drastische, aber auch subtile Alleskönner, die dem Ausgangsmaterial das gewisse Etwas verpassen. Meine meistgenutzten Saturationstypen sind Solid auf Vocals, Tape auf Drumsund Tube im Mastering.
Mastering mit Spectre?!
Gut an bei Spectre finde ich persönlich, dass das Plugin nicht nur die klassische Stereobearbeitung erlaubt, sondern auch über Left, Right, Mid und Side Modi verfügt. Damit erweist sich Spectre als äußerst flexibel – egal ob auf Vocals, Drumbussen oder im Mastering. Input- und Output-Regler kann man optional koppeln und so das Eingangssignal direkt im Plugin verstärken, wodurch Spectres Saturation mehr arbeiten muss.
Neben dem Output-Regler befindet sich ein Mix Regler, der standardmäßig auf 50 % steht, da es sich bei Spectre ja um einen parallelen Multiband-Saturator handelt. Der interne Saturation-Modus des Plugins bestimmt die generelle Intensität des Plugins. Er steht im Default Setting auf „Subtle“, was für die meisten Fällen eine gute Wahl ist. Außerdem stehen euch noch „Medium“ und „Aggressive“ zur Wahl.
Nutzt man den Aggressive-Modus mit einem Band, dessen Algorithmus auf Rectify eingestellt ist, entstehen echt ziemlich abgefahrene Sounds, was Spectre wiederum auch für Sound Designer interessant werden lässt. Viermal und 16-mal Oversampling verhindern bei extremen Settings das Aliasing, was wiederum gerade für das Mastering unerlässlich ist.
Sound
Die folgenden Soundbeispiele demonstrieren euch einen Drumbeat, Vocals und ein Gitarrensample zu verschiedenen Settings, jeweils einmal ohne und einmal mit Spectre, alle Saturation-Algorithmen habe ich auf „Solid“ eingestellt.
Spectre Settings
- Gitarrensample: 250 Hz., +3 dB, 1.0 Q; 5 kHz, +5 dB, 0.5 Q;
- Drumloop: 60 Hz., +5 dB, 1.5 Q; 600 Hz., +4 dB, 0.3 Q; 10 kHz., +10 dB, 0.5 Q;
- Vocal: 500 Hz., +4 dB, 0.5 Q; 4 kHz, +5 dB, 0.5 Q;
Gerade bei den Vocals und im Low-End der Drums hört ihr heraus, dass Spectre mehr als nur die Lautstärke boostet. Das Low-End der Drums erinnert etwas an das vom Pultec EQ. Das mag unter anderem daran liegen, dass beim 60-Hz-Boost mit den hier aktiven Settings eine pultec-ähnliche EQ-Kurve entsteht, die neben dem 5-dB-Boost bei ca. 80 hZ auch einen Cut von etwa 1,5 dB hervorruft. Das Low-End wirkt somit etwas ”tighter”, zugleich aber auch voller.
Beim High Shelf auf den Vocals hört man deutlich, dass trotz der 5 dB Boost nichts zu harsch oder spitzt wirkt. Das liegt einerseits daran, dass Spectre parallel arbeitet und das angezerrte Signal nur anteilhaft hinzufährt, und andererseits daran, dass keine 5 dB Gain hinzukommen, sondern nur die Verzerrungen um 5 dB gesteigert werden. Man könnte fast meinen, das Vocal sei mit einem analogen EQ wie z.B. dem Maag EQ 4 bearbeitet worden!
Alternativen und Vergleich
Spectre unterscheidet sich von anderen Multiband-Saturation-Plugins wie z.B. FabFilters Saturn 2 oder Izotopes Ozone Exciter durch seine Funktionsweise und das EQ-geprägte GUI. Der größte aller Unterschiede liegt wohl darin, dass Spectre standardmäßig parallel arbeitet, was es auf seine eigene Art und Weise „natürlich“ klingen lässt.
Obwohl ein Dry/Wet-Regler sowohl bei Saturn 2 als auch beim Ozone Exciter den Parallelbetrieb erlaubt, nutze ich diese Plugins erfahrungsgemäß häufiger 100 % wet, z.B. auf meinem Mixbus oder auf Subgruppen.
Eine Modulations- bzw. Dynamiksektion, wie man sie bei Saturn 2 findet, sucht man bei Spectre allerdings vergebens. Schade – Pluspunkt für Saturn 2!
Gemeinsamkeiten und Unterschiede:
Plugin/Feature | Saturationtypen | Mid/Side | Left/Right | Max. Anzahl der Bänder | Presets | Oversampling | Modulation |
Spectre | 10 | ✔️ | ✔️ | 5 | ✔️ | ✔️ | ✘ |
Saturn 2 | 28 | ✔️ | ✔️ | 6 | ✔️ | ✔️ | ✔️ |
Ozone Exciter | 7 | ✔️ | ✘ | 4 | ✔️ | ✔️ | ✘ |
FAZIT: Wavesfactory Spectre
Spectre wirkt durchdacht und bedient eindeutig eine Nische. Gerade heutzutage, wo Lautstärke eine größere Rolle denn je spielt und Saturation eines unser wichtigsten Tools ist, spricht Spectre nicht nur Produzenten, sondern auch Mixing- und Mastering -Ingenieure an. Features wie die über 60 Presets machen das Plugin für Hobbymusiker attraktiv, während Funktionen wie Oversampling und eine Mid-Side-Matrix für Profis unerlässlich sind.
Spectre könnt ihr entweder über die offizielle Wavesfactory Website oder über Shops wie die „Plugin Boutique“ für 99 Euro kaufen. Wer lieber erst mal reinschnuppern möchte, kann sich auch eine Demoversion downloaden. Alles in allem: ein erfrischendes Plugin der Firma Wavesfactory!
Features
- Windows: 7/8/10, 64 bit
- Mac: 10.9 oder höher, Intel/M1/M2, 64 bit
- Skalierbares GUI
- Oversampling
- Presets
- Automatische Updates
- Formate: VST, VST3, AU, AAX
- Kein ILOK erforderlich
- PREIS: 99 € (Straßenpreis am 27.8.2023)
- Benutzerfreundlich
- Innovativ
- Preiswert
- weitreichende Anwendungsbereiche
- Kein interner Bypass