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Weihnachtsmärkte vs. GEMA – was ist dran am Tarifstreit?

Weihnachtsmarkt ohne Musik? Kaum denkbar. Und doch machten vor Beginn der diesjährigen Weihnachtsmärkte Schlagzeilen die Runde, dass viele Weihnachtsmärkte dieses Jahr auf (Live-)Musik verzichten würden. Der Grund? Eine drastische Erhöhung der GEMA-Gebühren für das Spielen von Musik auf den Weihnachtsmärkten, die so hoch wäre, dass man dann lieber auf Musik verzichten würde. Was ist dran am GEMA-Tarifstreit?

Beim Lesen solcher Meldungen wird man schnell an ähnliche Konflikte vergangener Jahre erinnert: Um 2014 versah YouTube während des Lizenzstreits Videos mit dem Hinweis „Dieses Video ist in Deutschland leider nicht verfügbar, da es möglicherweise Musik enthält, für die die erforderlichen Musikrechte von der GEMA nicht eingeräumt wurden. Das tut uns leid.” Einige Jahre zuvor mahnte die Gema Kindergärten ab, die für das Singen und Kopieren von Kinderliedern keine Gebühren zahlte. Seit solchen Meldungen und auch aufgrund von einigen Gerüchten kommt die GEMA in der öffentlichen Debatte oft schlecht weg.

Wir haben uns für euch angeschaut, worum es in der Weihnachtsmarktdebatte geht:

„Öffentliche Wiedergabe von Musik“

Immer wenn Musik öffentlich gespielt wird – ob live, per Tonträger oder von einer Playlist gestreamt –, wird eine sogenannte GEMA-Abgabe fällig. Die GEMA kümmert sich in Deutschland darum, dass Gelder, sogenannte Tantiemen, abgegeben und an Urheber/innen ausgeschüttet werden, also an die Autor/innen, die die Musik geschrieben haben. Denn das deutsche Urhebergesetz besagt, dass Urheber/innen für die Nutzung ihrer Musik „angemessen“ vergütet werden müssen.
Ich hoffe, dass wir gemeinsam festhalten können, dass es erst einmal etwas Gutes ist, wenn das Nutzen von Musik vergütet werden soll. Viel mehr sagt es doch etwas über den Wert von Musik in unserer Gesellschaft aus, dass es so häufig als selbstverständlich gesehen wird, dass Musik einfach gratis verfügbar ist oder dass diskutiert wird, ob man sie überhaupt bezahlen muss.

Woher kommen die Preiserhöhungen?

Wie kommt es also zu den Schlagzeilen, dass dieses Jahr Musik auf Weihnachtsmärkten gar ausfallen müsse, weil die GEMA ihre Gebühren so angehoben hat?

Tatsächlich hat die GEMA keine Gebühren geändert, der gültige Tarif besteht seit 2018. Und für Weihnachtsmärkte bezieht sich der jeweils geltende Tarif auf die „zu beschallende Grundfläche des Weihnachtsmarktes“, also den gesamten Markt, und nicht nur die Fläche vor der Bühne. Dies geht auf ein Urteil vom Bundesgerichtshof aus 2011 zurück. Die Flächengröße melden die Veranstalter/innen selbst, wenn sie einen Tarif auswählen.

Neu sind die Tarife und Regeln also keinesfalls, allerdings hat die GEMA die gemeldeten Flächen in diesem Jahr nachgeprüft und festgestellt, dass ca. 5 Prozent der insgesamt 3.350 Märkte zu wenig gezahlt haben, so die GEMA . Das bedeutet, dass von der Vielzahl der Märkte doch ein eher kleinerer Teil betroffen ist und man die reißerischen Schlagzeilen mit etwas Vorsicht genießen sollte, weil es kein flächendeckendes Problem gibt.

Viele der betroffenen Weihnachtsmärkte argumentieren, es sei unlogisch, dass die gesamte Fläche des Marktes herangezogen würde. Bei besonders großen Märkten sei die Musik ja am letzten Ende des Marktes kaum noch zu hören. Die GEMA weist diese Argumentation von sich und führt aus, dass Weihnachtsmarktbesuchende pro Person ca.18 Euro Umsatz generieren. Demgegenüber stehen 2,5 Cent, die je Besuch für die Musik anfallen und der Tarif damit auf keinen Fall zu teuer sei.

Kommentar der Autorin

Ich bin Musikerin und Autorin und habe natürlich ein Interesse daran, dass der Einsatz von Musik vergütet wird. Das Bezahlen von Strom, Wasser oder anderen Notwendigkeiten wird nie grundsätzlich infrage gestellt, nur beim Thema Musik findet man sich regelmäßig in der Defensive, begründen zu müssen, warum man denn überhaupt bezahlt werden möchte. Dass die GEMA nun einige Weihnachtsmärkte offenbar dabei erwischt hat, über Jahre hinweg zu niedrige Gebühren gezahlt zu haben, ist nicht die Schuld der GEMA – und der Tarif durch den Bundesgerichtshof höchstrichterlich bestätigt.

Dass dieses „sich erwischen lassen“ nun umgekehrt wird in ein GEMA-Bashing ist eine klassische Schuldumkehr, die ehrlich gesagt nicht okay ist. Ich finde legitim, dass über bestimmte Flächenmaße diskutiert wird, wenn der Weihnachtsmarkt wirklich so groß ist, dass an einer bestimmten Ecke auch keine Musik mehr gehört werden kann. Aber dass Musik bezahlt werden muss, sollte nicht infrage gestellt werden.

Es wäre sogar etwas mehr Wertschätzung angebracht, denn der deutsche Schaustellerbund hat sogar evaluiert, dass der Einsatz von Musik den Umsatz von Weihnachtsmärkten steigert.

Einige Weihnachtsmärkte drohen nun damit, keine Livemusik mehr zu spielen oder auf GEMA-freie Werke zu setzen. Gern wird die Argumentation auch damit verknüpft, dass so Kindergärten und Schulklassen nicht mehr auftreten könnten. Solche Statements sind aus meiner Sicht besonders problematisch. Zum einen setzen sie Kinder als Mittel ein, um die Boshaftigkeit der GEMA zu unterstreichen (was mich im nächsten Schritt zur Frage bringt, ob die Weihnachtsmärkte den Schulklassen oder Kindergärten überhaupt ein Honorar zahlen? Zum anderen darf ein Veranstalter von ausübenden Künstler/innen nicht so ohne weiteres verlangen, nur GEMA-freie Musik zu spielen bzw. ist die Überprüfung dessen auch aufwendig. Dies würde ja bedeuten, dass jemand die Auftritte überwachen müsste, ob nicht auch nur ein Stück gespielt wird, dessen Urheber/innen normal von der GEMA vertreten werden.

Wir halten fest: Die Debatte wird zu hitzig aus Sicht der Weihnachtsmärkte geführt, deswegen checkt unbedingt mehrere Quellen.

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von nina.graf

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Profilbild von Don Promillo

Don Promillo sagt:

#1 - 18.12.2023 um 13:38 Uhr

0

Die Berechnung der Fläche ist nicht gut, das ist definitiv Abzocke. Auch wenn das vom Gericht bestätigt wurde. Alleine schon das bei strassenfesten dje Fläche von Hauswand zu Hauswand berechnet wird. Es gibt Strassen da ist die Flächen von den Vorgärten mehrfach so gross wie die Fläche der Strasse davor.

Profilbild von Gulasch

Gulasch sagt:

#2 - 18.12.2023 um 14:51 Uhr

1

"Die GEMA weist diese Argumentation von sich und führt aus, dass Weihnachtsmarktbesuchende pro Person ca.18 Euro Umsatz generieren. Demgegenüber stehen 2,5 Cent, die je Besuch für die Musik anfallen und der Tarif damit auf keinen Fall zu teuer sei." Das ist eines der absurdesten Argumente, die ich in der letzten Zeit gelesen habe. Erstens nimmt sie überhaupt keinen Bezug auf den berechtigten Einwand, dass die Berechnung der gesamten Fläche nicht der realen Nutzung entspricht und zweitens stellt sie einen Zusammenhang zwischen Umsatz und Gebühr her, der sämtliche anderen (Kosten-)Faktoren ausblendet. Das ist eine Pseudorechnung.

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Danilo Wertenauer sagt:

#3 - 19.12.2023 um 19:20 Uhr

1

Autsch, was für ein tendenziöser Text. Weihnachtslieder sind überwiegend gemafrei. An Stelle der Städte würde ich an alle Musizierenden und alle, die Playlists machen die Liste der gemafreien Weihnachslieder rausgeben und vereinbaren, dass nur diese Stücke gespielt werden, weil die GEMA irrwitzigerweise die komplette Weihnachtsmarktfläche zugrunde legt, obwohl die Musik nur vor der Bühne spielt. Das ganze GEMA-System ist so marode und ungerecht... Ich war selbst als Komponist 10 Jahre GEMA-Mitglied und bin dann ausgetreten, weil es unerträglich ist, wie sich da oft die Falschen die Taschen füllen auf eine ganz arrogante Art.

Profilbild von Norbert Binder

Norbert Binder sagt:

#4 - 21.12.2023 um 13:51 Uhr

1

Also ich als Komponist fühle mich regelmäßig von der GEMA verarscht. Ich machen zum Beispiel Klanginstallationen. Die Veranstalter müssen an die GEMA zahlen, aber es gibt kein Formular, dass ich ausfüllen könnte, um meine Rechte an der Musik darzulegen. Nach 2 Jahren (!) und unzähligen Anrufen hat sich jetzt jemand von der GEMA gemeldet und mir ein Formular geschickt. Alle Anderen Mitarbeiter der GEMA sagten mir, ich hätte einfach Pech. Oder wenn man Beschwerde gegen einen Bescheid einlegt: Man bekommt keine Post, dass es überprüft wird, es gibt gleich ein Schreiben vom Gerichtsvollzieher, dass man aber sofort bezahlen müsste. Und so könnte ich noch viele Beispiele anbringen. Ich als Komponist fühle mich dort nicht vertreten!

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