Wie DJs und Livemusiker doch noch Freunde werden können

DJs und Musiker: Einige manchmal unausgesprochene Unstimmigkeiten schweben zwischen Musikern und Discjockeys. Jeder vertritt seinen eigenen Standpunkt, macht sich auch gerne mal über den anderen lustig.

Warum fällt es denjenigen, die doch eigentlich alle die Musik als Lebens- oder Arbeitsmittelpunkt haben, eigentlich schwer, sich einfach zu akzeptieren. Warum begegnet man sich nicht mit Respekt und gegenseitiger Anerkennung auf Augenhöhe?

 

1. Training = Training?

Musiker üben und trainieren Jahre und Jahrzehnte, bis das Publikum sie wirklich hören und sehen will. Zugegeben, da ist sehr, sehr viel Spaß mit an Bord. Aber zugleich bedeutet das mühevolle, schweißtreibende und bisweilen auch schmerzhafte Arbeit an sich selbst. Auf der anderen Seite gibt es DJs, die erst nach etlichen Jahren kommerzielle Erfolge schreiben und auch die Event- oder Hochzeits-DJs müssen sich erstmal durchbeißen. Für allesamt ein steiniger Weg, den sie erst mal gegangen sein müssen. Diese Tatsache sollte sie vereinen.

Bild: Fotolia, Credits: Anton Gvozdikov
Bild: Fotolia, Credits: Anton Gvozdikov


Kein Grund, die andere Abteilung nicht wertzuschätzen. Beide haben ihre ganz eigenständige Bedeutung und Berechtigung. Der Metzger beneidet ja auch nicht den Schlachter. Die können wunderbar mit- und nebeneinander leben. Die Kunden kaufen bei beiden ein. Und was sollen die Kunden mit einer Wurstscheibe ohne Brötchen darunter? Wie schön könnte es sein, wenn auch Mucker und DJs endlich begriffen, dass sie ihren Kunden – dem Publikum – völlig unterschiedliche „Waren“ liefern.

2. Die emotionale Komponente

Musiker stehen zu ihrer sympathischen Profilneurose und wollen im Mittelpunkt stehen, beklatscht und bestaunt werden. Wie das Alpha-Tier, das sich vor Kraft strotzend auf den Brustkorb hämmert. Andernfalls würden sie sich das anstrengende Stage-Leben wohl kaum antun. Das Können auf dem Instrument vom treibenden Drum-Groove über rasante Gitarrensoli bis zum treffsicheren Gesang sorgt für Bewunderung beim Publikum. Warum aber scheibt man sich diese Attribute nur auf die eigene Fahne? Kein Mensch würde – oder könnte – ernsthaft behaupten, die Touren und Gigs der Top-DJs oder der handwerklichen Mainstreamer seien weniger kräftezehrend oder bewunderungswürdig.

Während die Event-DJs unablässig in das Publikum hineinfühlen, auf Mimik und Körperhaltung der Gäste achten und den Abend als Entertainer neben der gekonnten Musikzusammenstellung mit treffsicheren Moderationen auflockern, sind die Elektronik-Freaks mit außergewöhnlichen Mixes neue Trends stehen auch – siehe Eröffnung der olympischen Spiele in Athen 2004 oder im Maracanã 2016 – nahezu alleine vor Zigtausenden von Menschen.

Unter dem Strich steht: Ihr zieht alle an einem Strang, egal auf welchem Niveau, egal in welcher Größenordnung. Das gemeinsame Ziel ist und bleibt es, das Publikum zu erreichen. Allesamt macht ihr mit treffsicherem Gefühl für musikalisch stimmige Zusammenhänge oder Kontraste und großer Individualität etwas Einzigartiges. Wenn dabei wie nebenher noch eine Karriere herauskommst – umso angenehmer.

3. Futterneid ist sinnlos

Unbezwingbar hält sich das Gerücht, die DJs aus der Dienstleistungsabteilung würden höhere Abendgagen kassieren als der handelsübliche Hochzeitsmucker. Grundsätzlich mag das stimmen. In der realen Kalkulation ist das ein absoluter Trugschluss. Während die Band sich im Normalfall die Gage teilt, trägt sie auch die Ausgaben gemeinsam. Der DJ ist eine One-Man-Show und die Konkurrenz schläft ganz sicher nicht. Die Hörgewohnheiten und die Sound- und Showerwartungen der Gäste werden immer höher.

Zwangsläufig muss er das Equipment immer auf dem aktuellsten Stand der Technik halten. Außerdem legt er häufiger als Bands in denselben Locations auf und muss schon aus Marketinggründen immer mal wieder etwas Neues und Überraschendes bieten. Wohlgemerkt, wir reden hier vom DJ, der seinen Job wirklich ernst nimmt. Die Kosten trägt er ganz alleine. Wer denn auch sonst. Rechnet man das mit spitzem Bleistift gegeneinander, sind die Gagen eigentlich identisch. Kein Grund also, dem anderen die Butter auf dem Brot nicht zu gönnen. Verbleibt neben dem Blick auf die Mainstream-DJs und die Club- oder Showbands noch der Vergleich auf anderem Niveau: Elektronik-Künstler des DJing und die absoluten Top-Stars der Livemusiker.

Obwohl, vielleicht stellt sich eher die Frage, weshalb da irgendwas in den vergleichenden Kontext gestellt werden soll. Bringt das was? Ich glaube nicht. Was ist schöner, eine Libelle oder ein Schmetterling? In beiden Fraktionen finden sich echte Künstler, Menschen mit außergewöhnlicher Kreativität und extremem Können. Fakt bleibt doch eines: Wer auf diesem Niveau abliefert, spielt in der obersten Liga und ist in Sachen Verdienst kaum noch mess- oder vergleichbar. Ein Hit – egal ob vom Instrument, mit der Stimme oder aus dem DJ-Mix – hat mit Stundenlohn und ähnlichen Gagengrundlagen nichts mehr zu tun. Über den Verkaufserfolg der Kunstwerke entscheiden der Markt und das Publikum. Und ob man als DJ oder Mucker den Topseller landet, ist doch völlig irrelevant. Jeder hat seinen eigenen Weg zum Ziel.

4. Der Zeitfaktor zwischen Bühne, DJ-Pult und Alltag

Der Mann am Mainstream-Plattenteller will die Menge treffsicher bedienen. Nicht gelangweilt und zufällig passend, sondern mit dem Gefühl für den richtigen Augenblick und der dramaturgisch perfekt passenden Musik. Das verlangt nach immenser Vorbereitung und zwingt dazu, permanent über die neuesten Charts und Trends informiert zu sein. Sogar über Titel, die bei ihm persönlich für Brechreiz sorgen. Da kann er sich drehen und wenden, wie er will. Die Dinger müssen kommen. Feuert er die nicht ab, verpufft die Veranstaltung und er kann förmlich dabei zusehen, wie der Kalender immer größere Lücken reißt. Publikum verzeiht nicht.

Könnt ihr euch vorstellen, wie nervig das sein kann, wenn man Musik nicht hören darf, sondern hören muss? Auf der Kehrseite der Medaille steht das Programm der Band in groben Zügen irgendwann einfach fest. Never change a winning song. Will man Neues aufnehmen, dann nicht aus Zwang. Einfach so, weil’s Spaß macht.

Das will sagen: Auch hier gibt es wieder vollkommen differente Herangehensweisen. Und jeder hat sein eigenes Päckchen zu tragen. Das Fazit kann nur heißen, dass für beide Lager die Musik, die Kreativität und die Menschenmenge im Mittelpunkt stehen. Das ist ein Lebensgefühl! Das sollte verbinden und keinesfalls für Konfrontation sorgen.

5. DJs nehmen Musikern Termine weg?

Ein selbsterfüllender Slogan, so man ihn glauben wollte. Letztlich aber blanker Unsinn: „DJs nehmen den Musikern die Termine“. Zunächst bespielen die Discjockeys aus dem handelsüblichen Party-Bereich genau die Veranstaltungen, bei denen Livemusik nicht angesagt ist oder eine komplette Band einfach nicht ins Budget passt. Die Veranstalter – sei das gewerblich oder privat – wissen, was sie brauchen und wollen. Eine Band hat als Dauerberieselung in einer Großraum-Disco ebenso wenig verloren, wie ein DJ beim Unplugged-Wohnzimmerkonzert.

Die Essenz spiegelt sich bei allen im Terminkalender. Spielst du, was die Crowd hören will, wirst du gebucht. Andernfalls eben nicht. Und zwischen Elektronik-Zauberei und musikalischen Top-Acts – beispielsweise auf Festivals – stellt sich diese Frage schon mal überhaupt gar nicht. Wäre jemals irgendwer auf den kuriosen Gedanken gekommen, die unterschiedlichen Bereiche in der bildenden Kunst wie Malerei oder Bildhauerei gegeneinander aufzuwiegeln? Macht keinen Sinn. Echte Kunst wird erst durch die vielfältigen Facetten wirklich rund. Oder um es mit Purple Schulz und Clemens Bittlinger zu sagen: Wir wollen aufstehen, aufeinander zugehen, voneinander lernen, miteinander umzugehen.

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Llamallamaduck sagt:

#1 - 31.03.2017 um 11:56 Uhr

0

Wir (Gitarre/Gesang Duo mit Rock, Blues, ...) mussten kürzlich zum ersten mal in zehn Jahren einen Auftritt absagen weil ich krank war. Ein befreundeter DJ ist daraufhin - in Absprache mit den Auftraggebern - noch am selben Tag eingesprungen, hat sich unsere Anlage geschnappt und das Fest zur Zufriedenheit aller über die Bühne gebracht. Dabei musste er natürlich Leute bespaßen, die sich auf Livemusik gefreut hatten. Hat er wohl sehr gut hinbekommen indem er auf die Feiernden eingegangen ist. Das muss man auch erstmal können. Ich wäre in seiner Situation wohl überfordert gewesen.

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deine mum sagt:

#2 - 07.01.2020 um 12:48 Uhr

0

Das Lieblingswort des Autors ist wohl "treffsicher"...Ich habe da in vielen Jahren ganz anderer Erfahrungen gemacht. Ich bin mit mehreren Bands unterwegs, lege als DJ auf und habe unzählige Veranstaltungen verschiedener Art und Größenordnung organisiert.1. die meisten DJs - womit sind die heutzutage unterwegs? -> mit einem Scheiß USB Stick! Die wenigsten (vor allem Techno DJs machen sich die Mühe Equipment mitzuschleppen. Das war schon zu Vinylzeiten so. Da wurde vorrausgesetzt das 2x1210er und ein oller DJM stehen. ABER da mussten und wurden "wenigstens" noch Platten gekauft und geschleppt.
2. zum Thema Kosten -> braucht ein DJ einen Proberaum?3. Gage - selbstverständlich bekommt ein DJ im Verhältnis wesentlich mehr Gage als eine ganze Band.
4. Spielt "irgendeine Band" (sogar eine sehr gute), kommen in die meisten Läden nur noch 20 Leute - Spielt ein DJ Techno und kommt aus Berlin ist die Hütte brechend voll. Was sonst noch geht ist Top40 und Schlager in der ländlichen Gegend. Spielt der DJ "richtige Musik", einfach nur so, ists ein Trauerspiel.
5. ja DJs nehmen Bands Termine weg. Bspl Feste, Kirmsen, Fasching usw. Der DJ ist "flexibler", braucht weniger Platz, trinkt und isst weniger, und kostet "nur" 600,- (allein) und nicht 800,- wie die 4 köpfige Band.Ich könnt noch weiter aufzählen. Ein DJ ist nicht gleich ein DJ. Ebenso ist ein DJ nicht gleich ein "Musiker". Es ist wie in der Musik selbst. Je populärer etwas wird, je einfacher wird es. Viele DJs mischen ja nicht mal mehr live. Die schauen Fussball und tanzen nebenbei ;) Ich vergleiche es gern mit einem Sänger (Musiker) und einem Moderator (DJ). Der Moderator ist aber trotzdem kein Sänger...

    Profilbild von Trommelstimmer

    Trommelstimmer sagt:

    #2.1 - 07.01.2020 um 13:42 Uhr

    0

    Volle Zustimmung. Ich habe in den 1990ern Top40/Tanz/Show/Künstlerbegleitung in einer bis zu 9-köpfigen Band gemacht (plus 3 Roadies und Band-LKW). Schon damals konnte man merken, dass die Jobs weniger und die Gagen kleiner wurden, heute existiert der Markt praktisch nicht mehr, ist alles an die DJs gegangen.
    Dazu kommen die Complianceregeln in der Wirtschaft, die heute verhindern, dass Kunden und/oder Mitarbeiter zu Veranstaltungen eingeladen werden. Damit ist sehr viel Geld aus der Branche verschwunden.

    Antwort auf #2 von deine mum

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