Der Phaser bzw. Phase Shifter gehört zu den ältesten und beliebtesten Modulationseffekten, die für Gitarristen in Pedalformat erhältlich sind. Sein Siegeszug startete mit dem Shin-Ei Uni Vibe in den 60er-Jahren und spätestens mit dem MXR Phase 90 aus dem Jahre 1974 gehörte er zum unverzichtbaren Teil der damals noch überschaubaren Effektpedal-Ausstattung. Wie der Chorus die 80er-Jahre prägte, tat das der Phaser in den Siebzigern, und das in allen Stilistiken, von Rock über Funk bis zum Reggae. Aber ein Phaserpedal kann deutlich mehr als nur den archetypischen „Swoosh“-Effekt! Zu welchen unterschiedlichen Sounds er in der Lage ist, möchte ich euch hier aufzeigen!
Arbeitsweise und Potis
Da ich auf die Geschichte und die Funktionsweise des Phasers bereits in einem Artikel näher eingegangen bin, fasse ich hier noch einmal kurz die grundlegenden Eigenschaften zusammen.
Sieben Phaser-Pedale unter 100 Euro stellen sich heute in unserem Audiovergleich, vom ikonischen Phase 90 oder Small Stone bis zum extrem preiswerten Klon.
Der Phaser zählt zum Typ „Modulationseffekte“, und wie beim Chorus oder Flanger findet zu Beginn der Signalverarbeitung eine Aufsplittung des Originalsignals statt. Ein Signalanteil bleibt unverändert, wohingegen das andere einige Allpassfilter, auch Stages genannt, durchläuft. Gewisse Frequenzen bleiben unangetastet, andere werden stark verändert. Mischt man nun den trockenen und den bearbeiteten Signalteil, kommt es zu periodischen Auslöschungen, aber auch zu Verstärkungen im Frequenzgang. Und genau dieser Wechselvorgang macht den charakteristischen Phasersound aus.
Die klassischen Bedienelemente eines Phasers ähneln denen des Chorus oder Flangers. So bestimmen auch hier Speed bzw. Rate die Modulationsgeschwindigkeit, während Depth bzw. Width die Tiefe der Auslenkung festlegen. Umfangreichere Modelle besitzen zusätzlich einen Mix- bzw. Blendregler, der den Pegel des Effektanteils festlegt. Ein Feedback-Poti ermöglicht es, den Ausgang der Allpass-Filterkette wieder in den Eingang zurückzuführen, was zu einer Intensivierung des Effekts führt und vokale Sounds hervorbringt. Wie das im Detail funktioniert, erfahrt ihr im Folgenden. Meine Pedal-Settings sowie die verwendeten Phaserpedale könnt ihr dem Video entnehmen:
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Cleane Pickings
Als ab den 90er-Jahren der Chorus immer stärker aus der Mode kam, bot der Phaser eine sehr beliebte Alternative. Auch mit diesem kann man cleanen Pickings eine schöne, weiche Modulation unterjubeln, ohne dass das Ergebnis zu sehr nach 80s-Pop klingt. Hierfür solltet ihr Depth und Rate auf eher mittelhohe Werte setzen.
Ihr hört nun zum einen den reinen Phaser-Sound, gespielt mit einem EHX Small Stone, und im Anschluss ein praxisüblicher Sound, der mit etwas Delay und Reverb angereichert ist.
Power-Chords mit dem Phaser andicken
Gerade in den 70ern war das Aufblasen von verzerrten Rhythmus-Sounds mit dem Phaser sehr beliebt. Zu hören ist dieser Effekt am deutlichsten auf der ersten Van Halen-Scheibe. Eddie Van Halen benutzte einen MXR Phase 90 und setzte die Rate zwischen ca. 9 und 10 Uhr. Da Eddie einen Marshall Plexi spielte, der keinen Einschleifweg besaß, solltet ihr den Phaser vor euer Zerr-Aggregat packen!
Solo-Lines mit dem Phaserpedal andicken
Was mit fetten Powerchords funktioniert, geht natürlich auch mit Solo-Lines. Dieser Effekt ist bei Van Halen, aber auch bei den Eagles oder Ernie Isley zu hören.
Für den „Eddie“-Sound würde ich den Rate-Regler ebenfalls zwischen 9 und 10 Uhr stellen und dann in einen Overdrive bzw. den verzerrten Amp spielen. Auf dem Isley Brothers Song „That Lady“ hört man eine weitere Variation dieser Thematik. Ernie Isley setzt hier auf einen Phaser, den er jedoch direkt in ein Pult spielt. Diesen Sound könnt ihr gut emulieren, wenn ihr vor den Phaser ein Fuzzpedal schaltet und dann entweder direkt in euer Audio-Interface spielt oder aber in eurem Modeler die Speaker-Simulation deaktiviert. Hier hört ihr beide Varianten unter dem Einsatz eines MXR Phase 90 und Walrus Audio Lilian Phasers.
Rotary-Sounds
Wie mit dem Choruspedal lassen sich mit dem Phaser auch tolle Rotary/Leslie-Sounds faken. Hierzu müsst ihr die Rate sehr hoch setzen und Depth eher auf eine mittlere Position bringen. Ich verwende im Klangbeispiel einen TC Electronic Helix Phaser.
Reggae Off-Beats
Auch im Reggae war der Phaser seit den 70ern ein sehr beliebter Effekt und bot eine tolle Klang-Alternative zum Wah-Pedal. Zu hören ist dieser Effekt z. B. auf dem Third World Album „Prisoner in the Street“, insbesondere in dem Stück „96 Degrees in the Shade“. Ich verwende im Klangbeispiel einen EHX Small Stone Phaser, bei dem ich die Rate mittelhoch halte.
Vowel-Effekt
Mit einem Phaser lassen sich auch gut vokale Effekte umsetzen, was allerdings einen frei regelbaren Feedback- bzw. Resonance-Regler mit hohem Wirkungsgrad erfordert. Den Sound kann man z. B. bei Radioheads „Paranoid Android“ oder bei Paul Oakenfolds „Ready, Steady, Go“ gut hören. Stellt hier das Feedback sehr hoch und Depth und Rate ganz nach Geschmack.
Uni Vibe-Sounds
Auch wenn ein Uni Vibe streng genommen ebenfalls zur Phase-Shifter-Kategorie zählt, klingt er dennoch völlig anders als ein handelsüblicher Phaser. Ein Hauptunterschied liegt in der Verwendung von Transistoren im Uni Vibe im Gegensatz zu den OP-Verstärkern im Phaser. Uni Vibes bieten eine sägezahnähnliche Wellenform, während z. B. der Phase 90 eine Dreieckswellenform erzeugt. Auch kommen beim Vibe vier lichtabhängige Widerstände (LDRs) zum Einsatz, die dem Ganzen einen leicht asymmetrischen und „pulsierenden“ Klang verleihen. Dennoch kann man seinen Phaser zumindest in Ansätzen in die Vibe-Richtung drücken. Für den typischen Robin Trower „Bridge of Sighs“-Ton solltet ihr einen 4-Stage-Phaser verwenden und ihn, im Gegensatz zu z. B. Hendrix, vor euren Verzerrer parken.
Tame Impala Sound
Kevin Parker, Gitarrist und musikalischer Kopf der Band Tame Impala ist ein wahrer Sound-Gourmet. Bei einigen seiner Songs hört ihr den Phasereffekt, der jedoch durch einen vorgeschalteten Kompressor ziemlich hart ge-„squasht“ wird. Scheut euch also nicht vor extremen Kompressor-Settings, während ihr den Phaser auf hohem Depth und eher mittiger Rate belasst. Zum Gesamtsound könnt ihr das Ganze noch mit einer fetten Delay- oder Reverbfahne tränken!
Fazit und Phaser-Empfehlungen
Der Phaser gilt für einige als das sanfte und geschmackvollere Geschwisterchen des Flangers und Chorus. Auch wenn diese Aussage mit einer Prise Salz zu genießen ist, steckt in ihr doch ein Funken Wahrheit. Was mich am Phaser besonders beeindruckt, ist der gleichermaßen überzeugende Sound im cleanen als auch im High-Gain-Bereich. Sicherlich sind die Optionen, einen Phaser umzubiegen, nicht ganz so üppig wie z. B. beim Flanger, dennoch geht hier so einiges an unterschiedlichen Sounds. Wie flexibel ein Pedal ist, bestimmen natürlich die Eingriffsmöglichkeiten, sprich, die Anzahl der Regler.
Ehrlich gesagt sind meine persönlichen Favoriten, was die klangliche Grundausrichtung angeht, die Klassiker wie der MXR Phase 90 oder der EHX Small Stone. Allerdings beschränken sich dort die Eingriffsmöglichkeiten auf das Nötigste. Wer viele unterschiedliche Effekte aus einem Pedal herausholen möchte, sollte deshalb lieber zum Walrus Audio Lilian, dem TC Electronic Helix oder dem Boss PH-3 greifen. Auch beim Phaser macht es Sinn, mit unterschiedlichen Platzierungen in der Signalkette herumzuprobieren, vor allem bei der Verwendung mit Verzerrung. Aber auch mit zeitbasierten Effekten wie Delay oder Reverb kann man interessante Effekte erzielen, wenn man den Phaser einfach mal dahinter packt!