Wie schreibe ich eine gute Setlist?

Ein Konzert empfinden wir immer dann als gelungen, wenn verschiedene Faktoren stimmen: Das sind beispielsweise die Bandperformance oder der Sound, aber vor allem auch die Songauswahl und der Ablauf eines Konzertes.

(Bild: © fotolia / Sebastian Spelda)
(Bild: © fotolia / Sebastian Spelda)


Mit dem Aufbau einer Setlist steht und fällt ein guter Gig. Heute zeigen wir euch fünf Tipps, wie ihr eine gute Setlist schreibt und auf welche Dinge ihr unbedingt achten solltet, damit euer Konzert einen guten Flow bekommt.

1. Nimm dir Zeit!

Viele von uns haben in ähnlicher Form sicherlich schon folgende Erfahrung gemacht: Man kommt bei der Location an, eure Band baut sich auf der Bühne auf, der Soundcheck dauert vielleicht noch ein bisschen länger als geplant, gegessen habt ihr auch noch nicht und eigentlich sollt ihr in 20 Minuten umgezogen und spielbereit auf der Bühne stehen – schnell noch eine Setlist schreiben! Noch problematischer ist die Variante, sich die Songs auf der Bühne einfach spontan zu zurufen. Bei diesen Vorgehensweisen schenkt ihr dem, was am wichtigsten ist, leider am wenigsten Bedeutung – eurer Performance.
Kurzfristig zurecht gepfuschte Setlisten sind in den seltensten Fällen wirklich gut und haben meist keinen klaren roten Faden. Besonders dann, wenn ihr euch gegenseitig die Songs zuruft, euer Bandkollege auf erstes Zurufen vielleicht nicht sofort versteht, welches Lied als nächstes gespielt werden soll, nach jedem beendeten Lied große Augen der Bandkollegen auf den Bandleader gerichtet sind und ähnliches. Die Wirkung auf das Publikum: Die Band ist unsicher, nicht eingespielt, im schlechtesten Falle ohne Konzept.
Es lohnt wirklich, sich im Vorfeld Zeit für eine Setlist zu nehmen und sich ausgiebig Gedanken über die Songauswahl zu machen. Stellt euch dazu folgende Fragen: Welche Songs stehen euch zur Auswahl? Habt ihr vielleicht gerade neue Songs in der Pipeline und möchtet den Fokus auf die neuen Stücke legen? Wo möchte der Sänger etwas sagen und zwischen welchen Songs bieten sich direkte Übergänge an? Was spielt ihr, wenn das Publikum eine Zugabe verlangt?
Außerdem gibt es fremdbestimmte Faktoren wie beispielsweise eine vorgegebene Setlänge oder der Wunsch der Veranstalter, ein oder zwei Sets zu spielen. Bands, die sich auf diese Eventualitäten einstellen und für alles eine fertige Variante in der Schublade haben, fahren viel entspannter zum nächsten Gig und gewinnen mit jedem Konzert auch an mehr Souveränität. Und es bleibt vor dem Spielen genug Zeit fürs Essen.
Weitere Tipps gegen Stress vor Auftritten findest du hier:

2. Denk an deine Band!

Innerhalb eines Konzerts gibt es auch ganz profane Momente, die bedacht werden müssen. Gibt es Stücke im Set, bei denen deine Bandkollegen ihr Instrument wechseln? Muss dein Gitarrist seine Gitarre für ein Stück umstimmen oder dein Keyboarder vielleicht ein paar Sounds switchen? Schaut der Sänger in diesen Momenten wartend zum Bandkollegen, wirkt das im Konzert auch eher ungeplant und unsicher. Tauscht euch darüber in einer Probe aus und baut gemeinsam eine Setlist. So könnt ihr Instrumentenwechsel und Ähnliches bedenken und diese Lücke für den Sänger nutzen, eine Ansage zu machen oder zum Beispiel etwas zum nächsten Song zu erzählen. Eine weitere Möglichkeit ist, dass der Rest oder ein Teil der Band diese Zeit nutzt, um ein Intro für das nächste Lied anzudeuten. Auch das hilft zusätzlich, einen Spannungsbogen für euer Konzert beizubehalten.

3. Weiß, wie lang du spielst!

So plump dir dieser Tipp vorkommen mag, so regelmäßig und gerne verschätzt man sich in der Länge seines Sets. Wenn ihr vom Veranstalter gebeten werdet ein 45- oder 90-minütiges Set zu spielen, ist es wichtig, dass ihr eure Konzertlänge relativ treffsicher einschätzen könnt. Teilt ihr euch beispielsweise einen Konzertabend mit anderen Bands und überzieht euer Set, verschiebt sich der Zeitplan für das Konzert mit Umbaupausen unnötig nach hinten. Der andere Fall könnte sein, dass ihr zu wenig Spielzeit eingeplant habt und nun ein Veranstalter vor euch steht, der euch die vollständige Auszahlung der Gage verwehrt, weil ihr euer Soll nicht erfüllt habt.
Um beide Fälle zu vermeiden, macht heiße Konzertproben eurer Setlisten inklusive Ansagen, Soli und – wenn nötig – Instrumentenwechseln. So könnt ihr herausfinden, wie lange ihr tatsächlich spielt und euch auf diese Fälle vorbereiten.
Für Ansagen/Pausen zwischen den Stücken rechnen viele Bands als Daumenregel etwa eine Minute zusätzlich zur Songlänge. Aber Vorsicht: Bedenkt, dass es auch mal Gigs geben kann, bei denen euch als Sänger nicht nach vielen Ansagen zumute ist oder das Publikum so unaufmerksam ist, dass ausschweifende Songankündigungen deplatziert wären. Auch für diesen Fall solltet ihr eine Backup-Lösung wie zwei bis drei zusätzliche Songs überlegt haben, auf die ihr spontan zurückgreifen könnt.

4. Stell dir vor, du liest ein gutes Buch!

Gute Geschichten haben einen Anfang, der unsere Aufmerksamkeit catcht und ein Ende, von dem man begeistert oder überrascht ist. Wenn man sich diese beiden einfachen Dinge vor Augen führt, haben wir schon einmal eine gute Maßgabe für den Rahmen einer Setlist. Viele Bands scheuen sich davor, ihre Hits direkt am Anfang zu spielen und bündeln ihre stärksten Songs vor allem am Ende. Damit das Publikum aber bis zum Ende durchhält, muss die Band ihre Aufmerksamkeit ja schon viel früher gewinnen! Traut euch, einen starken Song zum Konzertbeginn zu spielen und direkt eine Marke zu setzen. Dabei heißt “starker Song” nicht zwangsläufig, dass das Lied schnell oder laut sein muss. Ziel ist, dass das Publikum bei euch ist. Das kann bei einem mitreißenden Song, der zum Tanzen animiert, genauso gut funktionieren wie bei einem ruhigeren Stück, das die absolute Paradenummer eures Sängers ist und dadurch das Publikum in Staunen versetzt.
Nun ist es zwar nicht egal, was in der Mitte eines Konzertes passiert, aber innerhalb eines gut gesetzten Rahmens habt ihr viel Spielraum. Wenn wir weiter bei dem Bild vom Buch bleiben, müssen wir uns Gedanken über einen Spannungsbogen machen. Der Spannungsbogen kann sich stetig steigern und zum Ende zuspitzen, es ist aber auch möglich, dass es Momente gibt, in denen die Dramatik etwas zurückfällt und sich dann wieder aufbaut. Was ich damit sagen möchte: Es gibt viele Möglichkeiten, dem Konzert eine gelungene Dramaturgie zu verleihen. Wichtig ist dabei nur, sie sich bewusst zu machen und in der Dynamik nicht zu sprunghaft zu denken. Ein ruhiger Song sollte sich nicht ständig mit einem schnelleren abwechseln, um sich selbst und auch das Publikum nicht jedes Mal aus einem sich aufbauenden Flow zu reißen.
Denkt in Blöcken: Baut euch Blöcke von Songs, die wiederum zum nächsten Block überleiten. Wenn ihr beispielsweise zwei bis drei ruhigere Songs am Stück spielt, könnt ihr sie so strukturieren, dass der ruhigste Song an den Anfang gesetzt ist und sich in der Dynamik langsam wieder zum nächsten Block mit lauteren, schnelleren oder groovigeren Songs aufbaut. Oft haben Bands auch Scheu davor, mehrere ruhige Stücke zusammen zu spielen. In den meisten Fällen ist diese Sorge unbegründet, denn meist tut es gut, wenn man im Konzert Momente zum Durchatmen schafft.

5. Es gibt kein Patentrezept

Wer viele Konzerte von größeren Bands besucht, hat sicher beobachtet, dass es nicht den einen Königsweg für die perfekte Setlist gibt. Manche Bands starten ganz ruhig und holen dann ihre Band auf die Bühne (das hat Selah Sue bei ihrer letzten Deutschlandtournee gemacht). Andere Bands wie die Foo Fighters setzen auf 3 Stunden Vollgas, eine Künstlerin wie Lianne La Havas schafft sich innerhalb ihres Konzertes Momente, in denen sie drei oder vier Stücke solo mit der Gitarre spielt und die Band von der Bühne geht. Adele wiederum ist für ihre Anekdoten zwischen den Songs fast genauso beliebt wie für ihre Stimme. Bei allen erwähnten Konzerten würde ich behaupten, dass es richtig tolle Auftritte waren, die ein glückliches Publikum hinterlassen haben. Finde heraus, was deiner Band und deiner Musik steht, bilde dich weiter, indem du andere Künstler beobachtest und ziehe Schlüsse zu Ähnlichkeiten und Unterschieden. Und: Trial and error! Hab keine Angst, verschiedene Setlisten live zu testen und frage gezielt nach Feedback zum Flow eures Konzerts

In diesem Sinne: viel Spaß beim Bauen und Ausprobieren eurer nächsten Setlist!

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(Bild: © fotolia / Sebastian Spelda)

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von nina.graf

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