Die Handpan ist mit ihrem mystischen und atmosphärischen Klang eines der Trendinstrumente des letzten Jahrzehnts. Kein Wunder: Die jeweils festgelegte Tonskala und das in den Grundzügen auch für musikalisch unbedarfte Menschen recht leicht zugängliche Instrument sind starke Argumente, sich für den Kauf einer Handpan zu interessieren. In hektischen Zeiten ist Handpan spielen ein beliebter Ausgleich, die Klänge entspannen viele Menschen und wirken sich positiv auf das eigene Wohlbefinden aus. Zudem lässt sich mit der Mischung aus perkussiven und tonalen Elementen ein recht breites Klangspektrum aus der „klingenden Untertasse“ entlocken. Wir hatten die Möglichkeit, einem deutschen Handpanhersteller über die Schulter zu schauen, und zeigen euch im Video den kompletten Bauprozess.
Nach dem ersten Boom, bei dem Instrumente nur von ausgewählten Bauern mit langer Wartezeit zu bekommen waren, stieg die Angebotsdichte auch auf dem Massenmarkt deutlich an. In den letzten Jahren ist eine Vielzahl an Anbietern hinzu gekommen, was sich unter anderem positiv auf das Preis-Leistungs-Verhältnis und die Stimmqualität ausgewirkt hat. Die Abzocke mit überteuerten und schlecht gestimmten Instrumenten ist deutlich zurückgegangen. Eine annehmbar gestimmte Handpan für unter 1000 Euro galt bis vor fünf Jahren noch als undenkbar. Abseits der großen Hersteller aus Kolumbien, Russland, Indonesien und China gibt es nach wie vor eine rege Independent Handpan-Bauer-Szene, die weltweit verteilt ist, aber in einem stetigen und regen Austausch miteinander steht.
Firmenreport: Zu Besuch bei Opsilon Handpan
Zu dieser Szene gehört auch der in Chile geborene Künstler und Multiinstrumentalist Rafael Sotomayor, der 2012 damit begonnen hat, seine ersten Versuche im Handpanbau zu unternehmen. Nach den Stationen Frankfurt und Berlin hat er sich im beschaulichen Süßen im Filstal niedergelassen. Nur eine Ortschaft weiter residiert übrigens ein weiterer innovativer Betrieb, der renommierte Percussioninstrumente-Hersteller Schlagwerk.
Handpans Made in Germany
Rafael betreibt zusammen mit seiner Partnerin, der Musikerin Kate Stone, die in der weltweiten Handpan-Szene recht populär ist, von hier aus die Marke Opsilon. Sie verkaufen ihre Instrumente und passendes Zubehör und veranstalten vor Ort Handpan-Kurse und Gesundheitsseminare. Neben dem eigenen Tonstudio und dem im Haus integrierten, lichtdurchfluteten Showroom hat Rafael in den ersten Jahren auch die Handpans im Keller des Hauses gefertigt und gestimmt. Nachdem die Nachfrage rasant anstieg, ist die Produktion seit einer Weile in ein nahe gelegenes Industriegebiet ausgewichen. Zu dem Zwei-Mann/Frau Betrieb sind inzwischen sieben weitere Mitarbeiter hinzu gekommen.
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Bis zum jetzigen Sound von Opsilon war es allerdings ein jahrelanger steiniger Weg mit vielen Versuchen und Rückschlägen. In unserem Video-Interview erzählt Rafael, dass er auch den Erfindern des Hang, der Schweizer Firma Panart, über die Schulter schauen durfte. Allerdings hatte er damals keine Vorstellung davon, wie schwer es wirklich ist, eine gut klingende Handpan zu bauen, die zudem jahrelang die Stimmung hält. Um diesen Anspruch zu erfüllen, gewährt Opsilon fünf Jahre Garantie auf seine Instrumente.
Bei der Fertigung der schwäbischen Handpans konnte ich allen Bauschritten beiwohnen
Auch wenn die kleine Handpan-Fabrik im Industriegebiet mich beim ersten Betreten eher an einen klassischen Metallbaubetrieb erinnert, also so gar nichts „Esoterisches“ ausstrahlt – mit dem Unterschied, dass hier alles voller Halbschalen-Rohlinge und Handpans in verschiedenen Fertigungsstadien steht -, empfinde ich den Umgang untereinander nicht hemdsärmelig, sondern sehr offen und wertschätzend. Rund 15 Handpans werden hier im Monat akribisch und mit viel Liebe zum Detail gefertigt. Diese werden in den meisten Fällen individuell vorbestellt, zum Teil auch direkt über die eigene Website verkauft. Opsilon bietet eine große Auswahl an Skalen und optischen Variationen an, wie ich es noch bei keinem anderen Hersteller gesehen habe. Auch hat mir der Besuch bei Opsilon wieder einmal vor Augen geführt, dass es für ein erstklassiges, von Hand gebautes Instrument keine Abkürzungen gibt. Qualität braucht ihre Zeit und hat zu Recht ihren Preis.
Das Video vom Handpan-Bau
In dem folgenden, knapp 20-minütigen Video, erfahrt ihr alle Details über den Bau einer Handpan:
Aus welchem Material werden Handpans gemacht?
Handpans bestehen aus nitriertem Stahl, manche Hersteller benutzen auch Edelstahl als Grundmaterial. Die Stahlbleche, die Opsilon benutzt, sind etwa einen Millimeter stark. Die quadratischen Platten haben einen Durchmesser zwischen 46 und 58 cm und werden mit einem Plasmaschneider rundherum gelocht. Im nächsten Schritt werden sie beim Hydroforming, also durch Wasserdruck, zwischen zwei Stahlplatten gespannt und in die Form einer Halbschale gepresst. Bei größeren Stückzahlen kommt industrielles Tiefziehen zum Einsatz.
Stahl ist nicht gleich Stahl: Deshalb müssen für die Auswahl der richtigen Qualität und Materialbeschaffenheit vor jeder Charge umfangreiche Tests gemacht werden. Auch wirkt sich die Dichte des Grundmaterials auf die Tonalität aus. Höhere Töne erreicht man am besten mit etwas weicheren Stahl. Tieffrequent schwingende Handpans lassen sich leichter mit etwas härterem Material bauen.
Die nitrierte Halbschale wird auf der Außenseite poliert. Danach wird die Skala und die entsprechende Position und Anzahl der zukünftigen Tonfelder auf der Innenseite der oberen Halbschale markiert.
Nachdem die Tonfelder mit einer hydraulischen Presse in unterschiedlicher Größe und Tiefe eingelassen wurden, geht es ans erste Hämmern. Die Halbschale wird dazu in eine Form geschraubt und unter Spannung gesetzt. Eine Skulptur bauen, nennt Rafael Sotomayor diesen Prozess. Dabei wird sie mit einem hydraulischen Hammer und per Hand ausgiebig bearbeitet. Das Ziel ist es, die Tonfelder locker zu machen, die sonstige Oberfläche des Instruments soll aber fest sein.
Zwischen dem Formen und Stimmen der Tonfelder muss die Halbschale mehrfach erhitzt werden
Anschließend geht es in den Ofen. Durch die Hitze löst sich die Spannung und die mit dem Hammer eingearbeitete Form wird eins mit der Materialoberfläche der Halbschale. Dieser Prozess aus Hämmern / Stimmen und Brennen wird viermal wiederholt. Das erinnert mich ein wenig an die Rohlinge von Schlagzeugbecken aus B20-Bronze, wie sie in der Türkei gefertigt werden, diese werden ebenfalls abwechselnd mit Hitze, Walzen und Hämmern bearbeitet.
Die Tonfelder / „Dimples“ werden bei Opsilon auf Hochglanz poliert, durch eine festgelegte Ofentemperatur nehmen sie nach dem anschließenden Brennen eine bestimmte, dauerhafte Farbe an, wie gold, silber oder lila.
Nachdem die obere Halbschale der Handpan grob gestimmt ist, geht es mit der unteren Halbschale weiter. Sofern es sich hier um ein Basic-Modell ohne zusätzliche Tonfelder handelt, wird hier nur das Mittelloch eingelassen. Ein Gummiring im Loch dient als Griffschutz und hilft auch dabei, ungewünschte Frequenzen zu vermeiden.
Beide Halbschalen, also der untere und der obere Teil, werden entfettet und dann miteinander verklebt. Nach einer Trockenzeit von mindestens sieben Tagen geht es weiter. Der überschüssige Kleber wird per Schleifmaschine und Handschliff entfernt und die Kante wird schön glatt gestaltet.
Ein sehr aufwendiger Schritt ist das Feinstimmen. Hierbei wird mit einem kleinen Hammer durch das Mittelloch von innen gestimmt. Mit einem Gasbrenner werden die Tonfelder zwischendurch erhitzt. Dieser Prozess geht so lange, bis sich das Instrument nach dem Brennen nicht mehr verstimmt. Zuletzt wird das Opsilon-Logo per Hand eingraviert.
Wie werden Handpans gestimmt?
Handpans werden zumeist auf den Kammerton, also 440 Hz gestimmt. Manche Modelle sind auch auf 432 Hertz gestimmt, dabei handelt es sich um das sogenannte Chakra / Stradivari Tuning. Eine Handpan hat eine Vielzahl an Obertönen, die beim sauberen Stimmen des Instruments genau so berücksichtigt werden müssen wie die Stimmung der einzelnen Tonfelder zueinander und ihr Verhältnis zum Grundton. Ähnlich wie ein Piano oder ein Streichinstrument moduliert ein Handpan, was dabei berücksichtigt werden muss. Eine „klinisch“ sauber gestimmte Handpan, bei der alle Tonfelder perfekt mit der Anzeige des Stimmgeräts übereinstimmen, kann deshalb für das natürliche Hörempfinden nicht gut klingen.
Weiterführende Links:
Wenn ihr Handpan spielen lernen wollt, lege ich euch unsere Handpan Video-Workshop-Serie von David Kuckhermann ans Herz. Hier geht es zum ersten Teil. Fortgeschrittene Spieler finden hier den zweiten Teil.
Weitere Infos zu Opsilon Handpans bekommt ihr auf der Website https://opsilon.de