Wer sich eine praxisgerechte Musiksammlung für DJs aufbauen möchte, sollte einige Aspekte bedenken. Nicht umsonst ist das Kapital eines jeden DJs ist seine Musik-Kollektion. In meinem vorherigen Feature „Musikshopping für DJs im Jahr 2023“ habe ich euch über die zahlreichen Einkaufs- und Bezugsmöglichkeiten informiert, die DJs heutzutage zur Verfügung stehen. Jetzt möchte ich euch inhaltlich unter die Arme greifen und zeigen, wie ihr aus dem unendlich großen Angebot eine praxisgerechte Auswahl trefft und eine Titelsammlung zusammenstellt, die nicht aus einem wahllosen Pool besteht.
Um eine praxisgerechte Musiksammlung für DJs zum Auflegen aufbauen zu können, habe ich für euch nachfolgend fünf Tipps zusammengestellt. Diese erlauben euch ein gezieltes Vorgehen, sodass ihr eine passgenaue Track-Auswahl für euere Sets treffen könnt. Zudem erfahrt ihr, welche technischen Besonderheiten bei einer digitalen Musiksammlung zu beachten sind, damit der DJ-Alltag störungsfrei über die Bühne geht.
Tipp 1: Passende Tracks aussuchen
Der Mensch gilt von Natur aus als Sammler und Jäger. Diesen Umstand gilt es auch beim Aufbau einer Musiksammlung zu beachten, denn auch hier lässt man sich sehr leicht dazu verleiten, den Bogen zu weit zu spannen. So passiert es leider oft, dass man nicht selektiv Tracks aus einem Album oder von einem Label herauspickt, sondern gerne einen kompletten Longplayer, die Discographie eines Künstlers (um ja nichts zu verpassen) oder gar die Releases eines ganzen Labels. Somit lautet der erste Tipp: Sucht euch nur die Tracks aus, die ihr wirklich in einem Set spielen würdet und sortiert alles andere konsequent aus eurer DJ-Musiksammlung aus.
Eure Song-Bibliothek besteht dann im besten Fall nur aus den Tracks, die eine wirkliche Relevanz für eure Publikumsbeschallung haben und nicht aus einer großen unübersichtlichen Masse. Dieser Tipp umfasst gleichzeitig die Aufforderung, die Sammlung regelmäßig „auszumisten“ und nicht oder nicht mehr relevante Titel auszusortieren. Sammlungen mit 25.000 Songs oder mehr mögen zwar beeindruckend erscheinen, sind aber in der praktischen Anwendung nicht empfehlenswert.
Beim Aufbau einer DJ-spezifischen Musiksammlung nur wirklich relevante Tracks hinzufügen. (Bild: Beatport – Screenshot)
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Musiksammlung für DJs – Tipp 2: Songs genau anhören
Dieser Tipp ist zweiteilig zu verstehen. Zum einen empfiehlt es sich, Songs komplett anzuhören und inhaltlich zu erfassen. Das klingt vielleicht etwas banal, aber ihr solltet euch die Songs, die ihr spielen -wollt, auch wirklich „richtig“ anhören. Somit könnt ihr alle Songparts kreativ durchleuchten und Kombinationen mit anderen Titeln in Erwägung ziehen. Möglicherweise findet ihr so heraus, dass eine freistehende Bassline am Ende des Tracks oder ein Vocal im Break super mit den Drums eines anderen Songs harmoniert.
Der zweite Gesichtspunkt, den ihr beim Anhören eurer Songs beachten solltet, ist technischer Natur. Hört euch die Songs am besten mit einem Kopfhörer oder einem guten Lautsprechersystem an. Achtet darauf, dass keine Aussetzer, Verzerrungen oder andere Fehler enthalten sind und dass die Wiedergabe bis zum Titelende erfolgt.
Bemerkt ihr etwaige Ungereimtheiten nicht, kann es im Live-Einsatz durchaus zu bösen Überraschungen kommen. Fehler dieser Art können bei Einlesen von CDs, aber auch beim Herunterladen von Songs aus einem Downloadstore sowie beim Kopieren der Dateien auf eine Festplatte/USB-Stick entstehen. Auch der Klang eines Tracks ist ein entscheidender Parameter, verlasst euch hier auf euer Gehör, nicht auf angeblich überlegene Dateiformate, Bitraten, Lossless-Komprimierung etc.
Diese Audiodatei ist fehlerhaft und sollte nach dem Anhören gelöscht werden, damit es bei einem Gig nicht zu bösen Überraschungen kommt. (Bild: Audacity Wellenform – Screenshot)
Tipp 3: Remixe für die Musikkollektion sammeln
Als weiteren Tipp empfehle ich, das Ausschauhalten nach Remixen. Hiermit könnt ihr eurer Musikbibliothek einen zusätzlichen kreativen Schub verleihen. Für viele Songs gibt es genreübergreifende Remixe, sodass sich beispielsweise auch Rock- oder Indie-Songs in Dance-DJ-Sets einbauen lassen.
Des weiteren findet man aber auch „moderne“ Bearbeitungen von Klassikern. Der 80er-Jahre Hit „Sweet Dreams“ von Eurythmics wurde gefühlt jedes Jahr neu produziert, hier gibt es über 30 offizielle Remixe. Viele davon stammen von bekannten Künstlern, darunter zum Beispiel:
Zudem gibt es von den meisten Veröffentlichungen auch noch lange Club-Mixe, Radio-Edits, Kurzversionen, A capella, Instrumentalversionen etc.
Ferner kann es auch interessant sein, Tracks zu identifizieren, die Teile bzw. Samples eines (bekannten) Songs beinhalten. Der bekannte Daft Punk Track „Harder, Better, Faster, Stronger“ basiert auf dem musikalischen Thema von Edwin Birdsongs „Cola Bottle Baby“ .
Wer sich hier weiter einarbeiten möchte, findet auf der Website WhoSampled interessante Informationen.
Auf der Website „WhoSampled“ kann man sich über Sample-Verwendungen in Songs und Remixen informieren. (Bild: WhoSampled-Webseite – Screenshot)
Tipp 4: Digitale Musik-Bibliothek technisch verstehen
Wenn ihre eure Songs digital auf einem Computer verwaltet, gibt es einige technische Aspekte zu beachten. Das Anlegen einer digitalen Musiksammlung für DJs bietet viele Vorteile, ist allerdings auch mir ein paar Fallstricken versehen und somit etwas komplexer als eine analoge Plattensammlung.
Nicht selten haben DJs aus Unwissenheit Ordner, Playlisten oder Songs an der falschen Stelle auf ihrem Computer gelöscht und somit Vorbereitungsarbeiten vernichtet oder ihren Songbestand ungewollt dezimiert.
Damit dieses beim Einsatz von Traktor, Serato, Virtual DJ oder Programmen wie iTunes oder Rekordbox nicht passiert, solltet ihr euch mit den nachfolgenden Punkten intensiv beschäftigen.
- An welchem Speicherort der Festplatte (Verzeichnis) befinden sich die Songs?
- An welchem Speicherort werden Song-Importe von der Software abgelegt?
- Wie nutze ich die Relocate-Funktion, um fehlerhafte Speicherorte zu korrigieren?
- Was hat es mit „Missing Song“ Einträgen auf sich?
- Wie werden die Metadaten (Künstler, Album, BPM, Cover) der Musikfiles gespeichert und wie lassen sich diese bearbeiten?
- Wie unterscheiden sich Dateien, Ordner, Playlisten/Crates, Smart Crates etc.?
- Wie werden Streaming-Playlisten in deiner DJ-Software verwaltet und wie funktioniert ein Offline-Locker, damit Songs auch ohne Internetverbindung spielbar sind?
Ein recht gewichtiger Punkt ist zudem, eine regelmäßige und am besten automatisch ablaufende Datensicherung einzurichten. Zur Datensicherung verwendet man am einfachsten eine externe Festplatte.
Unter MacOS kann man hier auf das Bordwerkzeug Time Machine zurückgreifen, für Windows gibt es Software von Drittanbietern wie Acronis.
Wer seine Songsammlung digital verwaltet, sollte sich mit Speicherorten und Programmeinstellungen vertraut machen, damit es nicht zu Datenverlusten kommt. (Bild: Mac Music App – Screenshot)
Musiksammlung für DJs: Kaufen vs. Streaming
Das Thema Streaming ist mit reichlich Verzögerung auch im DJ-Bereich angekommen und wird von immer mehr Software- und Hardware-Produkten unterstützt. Neben der rechtlichen Bedenken, da Streaming in Deutschland im kommerziellen Rahmen von keinem Anbieter erlaubt ist, gibt es noch weiter Aspekte.
Musiksammlung für DJs – Tipp 5: Tracks kaufen
Mein fünfter und letzter Tipp lautet daher: Besorgt euch „echte“ Dateien von den Songs, die für eure DJ-Sets essenziell sind und die Basisbibliothek bilden. Auf diese Weise könnt ihr sicherstellen, dass ihr jederzeit Zugriff auf diese Tracks habt. Ihr seid somit nicht auf eine aktive und stabile Internetverbindung angewiesen und zudem vor (unerwartet) auslaufenden Lizenzen geschützt, die die Wiedergabe von Songs verhindern.
Streaming Dienste wie Amazon Music Unlimited eignen sich gut für Inspirationen. DJs sollten die Kaufoption nutzen, um sich eine Basisbibliothek aufzubauen. (Bild: Amazon Music – Screenshot)
Resümee
Der Aufbau einer speziellen Musiksammlung ist für DJs unerlässlich. Diese Sammlung sollte eine genügend große Bandbreite bieten und mit Remixen und speziellen Versionen bestückt sein, damit das Publikum gut unterhalten werden kann. Die Song-Bibliothek darf dabei aber nicht zu groß werden und eine unstrukturierte beliebige Auswahl enthalten, da die konkrete Titelsuche in der Praxis dann zu aufwändig wird.
Eine kontinuierliche Pflege ist daher zwingend nötig, auch um fehlerhafte Dateien zu identifizieren und auszusortieren. Damit das Ganze „unfallfrei“ gelingt, sind technische Aspekte einer digitalen Musiksammlung ebenfalls zu beachten und Backup-Strategien anzuwenden, damit ihr nicht plötzlich ohne Tracks dasteht und im worst case einen Gig komplett absagen müsst.
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