Beatgrid im Acapella: Ein DJ, der sich in seinem Set nicht nur auf harmonische und phrasengenaue Übergänge verlassen möchte, kann auch auf Acapellas zurückgreifen. Diese reinen Vocal-Tracks ohne Beat bereichern eure Skills und damit euer DJ-Set, indem sie auf ein anderes Instrumental gelegt, etwas völlig Neues ergeben. Hier sei auch das Stichwort Mashups angeführt. Aber Acapellas können auch als Brücke dienen, indem sie zwei gemixte oder gecuttete Tracks on the fly überlagern. Wie ihr Beatmarker in Acapellas richtig platziert, verrät euch dieser Workshop.
Wer das DJing mit Schallplatten oder CDs und damit ohne zusätzliche virtuelle Hilfen oder Sync einer DJ-Software von der Pike auf gelernt hat, der wird das Mischen mit Acapellas, ohne mit der Wimper zu zucken rocken. Wer sich allerdings von jeher auf seine DJ-Software und damit weniger auf sein eigenes Gehör und Taktgefühl verlassen hat, kommt schnell an seine Grenzen. Denn stur nach den automatisch gesetzten Beatgrids gemischt, wird das Acapella hinsichtlich seiner Struktur, Phase und Geschwindigkeit mitunter einfach nicht zum anderen Track passen. Entsprechend soll euch dieser Workshop helfen, die Beatgrids zu korrigieren, damit der Mix mit Acapellas gelingt.
Auswahl des Acapellas
Wählt nur bekannte Acapellas aus, schließlich soll auch erkennbar sein, dass es sich nicht um einen vorgefertigten oder einen neuen Track handelt und eure Skills entsprechend gewürdigt werden. Zudem müsst ihr auch die Originalversion des Acapellas in eurer Library besitzen. Ihr braucht das Original als Referenz, um das Acapella hinsichtlich Tempo und Struktur zu vergleichen. Aus meiner Erfahrung stimmen bereits die BPM-Zahlen sehr oft nicht.
Da es nicht immer zu jedem Track ein offizielles Acapella aus dem Studio gibt, basteln DJs oft an sogenannten DIY-Versionen, indem ein Instrumental und das identische Original phasengenau übereinander gelegt werden und anschließend das Instrumental mit dem Effekt „Invertieren“ unterlegt wird.
Damit wird das Acapella extrahiert, allerdings hört man meist ganz leise noch den Beat heraus. Die App Neural Mix Pro von Algoriddim beispielsweise kann Acapellas per Mausklick aus einem kompletten Track „herauslösen“. Sie bietet auch die Option, die Drums zusätzlich in diesem Mixdown zu hinterlegen. Dadurch lässt sich das Acapella einfacher mixen, zudem fällt die Fehlerquote für BPM und Beatgrids deutlich geringer aus.
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Vergleichen des Acapellas mit dem Original
Zunächst legt ihr in das linke Deck eurer Software das Original und rechts das Acapella. Wählt auf jeden Fall eine neben- oder untereinander angeordnete Ansicht der Wellenformen, da dies das Vergleichen und Adaptieren der Beatgrids vereinfacht.
Verseht in beiden Versionen den Beginn des Gesangs mit einem Hotcue als Referenz-Startpunkt. Auch erweist sich ein weiterer Hotcue an einer markanten Stelle zum Ende des Tracks, wie zum Beispiel nach einem längeren Instrumentalpart als hilfreich. Achtet darauf, dass der Pitch-Control in beiden Decks genullt ist.
BPM-Zahlen
Vergleicht zunächst die BPM-Zahlen beider Decks. Stimmen sie hundertprozentig überein, ist das schon die halbe Miete für sauberes Mixing des Acapellas. Bei einer abweichenden BPM-Zahl überschreibt einfach das Tempo des Acapellas mit dem des Originals in der Tracklist.
Anschließend startet beide Decks gleichzeitig ab den gesetzten Vocal-Hotcues und hört, ob das Acapella in Phase auf dem Original und dessen Gesang liegt. Wenn ja, würde dem Mix jetzt nichts mehr im Wege stehen, zumindest ohne Sync. Denn dafür müssen auch die Beatgrids beider Versionen übereinstimmen.
Da sich Beatmarker an den durch die Kick erzeugten Transienten orientieren, kommt es bei Acapellas zu Fehlinterpretationen, denn es fehlt besagte Bassdrum. Wer das Original des Acapellas im Ohr hat und es innerlich mitsingen kann, weiß, wo die „1“ eines Taktes beginnt. Anhänger der visuellen Hilfe sollten bei beiden Tracks ab dem Gesang checken, ob die Beatgrids haargenau übereinstimmen. Sollte es so sein, könnt ihr gern den folgenden Punkt überspringen.
Beatgrid im Acapella anpassen
Um die Beatgrids des Acapellas zu korrigieren, bringt zunächst die beiden Decks erneut mit dem Vocal-Hotcue in Startposition. Das Original-Deck dient erneut als Referenz. Dessen erstes Beatgrid ist genau an der gleichen Position im Acapella zu übernehmen.
Am besten löscht ihr nun die automatisch gesetzten Beatgrids und platziert sie ab dieser Position erneut. Beachtet aber dabei, dass trotz neuer Marker die BPM immer noch stimmen. Wenn nicht, tragt erneut das Tempo des Referenz-Tracks ein.
Referenz-Beatgrid
Obacht: Es kann auch sein, dass im Original-Track der erste Referenz-Beatgrid vor dem Gesang liegt. Die Vocals setzen entsprechend verzögert ein, sei es als Laid-Back, im Off-Beat oder gar um eine ganze Zählzeit verschoben. Auch hier gilt, den ersten Beatgrid im Acapella gespiegelt zu positionieren, selbst wenn dort noch eine Pause zu hören ist.
Anschließend lasst beide Tracks gleichzeitig spielen und vergleicht die am Abspielkopf angezeigten Beatgrids abermals, ob sie den gleicjzeitig passieren und auch die Transienten übereinstimmen. Wenn nicht, sind die Beatgrids erneut manuell zu korrigieren. Um auf Nummer sicher zu gehen, überspringt nicht ein paar Takte und nutzt nicht die vereinfachten Beatgrid-Optionen „Verschieben“ und „Anpassen“. Macht euch die Mühe und markiert in jedem einzelnen Takt den Beatgrid manuell.
Denn möchtet ihr die Acapellas synchronisiert zum anderen Track spielen, muss wirklich jede „1“ im Takt sitzen, ansonsten passt das Timing stellenweise nicht und euch fliegt der Mix um die Ohren.
Taktgefühl
DJs mit einem ausgebildeten Taktgefühl starten einfach beide Tracks phasengleich und setzen im rechten Deck die Beatgrids zu Taktbeginn mit der Tastatur, bei Serato DJ Pro mit dem Buchstaben „x“. Wem dies buchstäblich zu schnell geht, der reduziert bei beiden Decks das Tempo um acht Prozent.
DJs mit weniger ausgeprägtem Taktgefühl können auch nach der Methode „Malen nach Zahlen“ verfahren und im Pausenmodus die Wellenform des linken Tracks mit der Maus verschieben und immer den jeweiligen Beatgrid scannen und äquivalent im Acapella übernehmen. Wendet dies auch bei tückischen Stellen an, wo ihr die Beatgrids nicht auf Anhieb sauber setzen könnt.
Stimmen nach abschließendem Check mit synchronisierten Decks das Acapella und Original von der Phrase und Phase überein, sind die Beatgrids ebenfalls korrekt gesetzt.
Auch Auto Loops, Loop Rolls, Beat Jumps und sämtliche Effekte, wie Echo, Delay, Phasing etc., die beatbezogen und damit taktgenau modulieren, kommen jetzt auf den Punkt, besser gesagt, auf den Beat.
Beatgrid im Acapella: Auftakt
Wenn im Acapella der Gesang tatsächlich mit dem ersten Beatgrid einsetzt, ist hiermit dieser Workshop abgeschlossen. Aber oft besitzen die Vocals einen sogenannten Auftakt, das heißt, der Gesang beginnt vor der eigentlichen „1“ eines Taktes und dem Beatgrid.
Mitunter lösen manche DJs dieses Problem, indem sie einfach mit der „1“ offiziell beginnen und den Auftakt unter den Tisch fallen lassen. Das fällt aber auf und klingt nicht sehr professionell. DJs der alten Schule singen diesen Auftakt im Kopf und platzieren das Acapella manuell entsprechend vorher. Und synchronisieren, wenn überhaupt, erst nach Durchlaufen der „1“ im ersten Takt.
Doch auch für Beatgrid-User ist ein Kraut gegen knifflige Auftakte gewachsen. Verschiebt einfach das erste Beatgrid der ersten Phrase um einen Takt davor, sodass der Vocal-Auftakt jetzt nach dem ersten Marker beginnt und der ursprünglich erste Takt im Acapella nun dem zweiten entspricht. Startet das synchronisierte Acapella zum anderen Track bereits in dessen achten Takt der vorhergehenden Phrase.
Resümee
Das Auflegen von Acapellas erweitert nicht nur euren Skills-Horizont, sondern vor allem euer Set mit etwas Eigenem. Das manuelle Anpassen der Beatgrids ist auf jeden Fall erforderlich, damit die synchronisierten Acapellas hinsichtlich ihrer Struktur und Phase 1:1 auf den anderen Track passen. Einem DJ, der mittels Ohr und Taktgefühl das Tempo matcht, wird diese Taktik etwas befremdlich sein. Aber spätestens wenn das Acapella als zusätzlicher Track im dritten Deck den Übergang zweier Tracks überbrückt, dienen die Beatgrids generell als hilfreicher Assistent. Damit der Mix nicht aus dem Ruder läuft, sondern professionell über die Bühne geht.