Der Softwarehersteller New Sonic Arts hat 2016 einen neuen Host herausgebracht, der etwas anders funktioniert als die in unserer Serie Software für Live-Keyboarder bisher vorgestellten Programme. Die für Mac und Windows erhältliche Software hört auf den Namen Freestyle. In diesem Workshop möchte ich dieses recht außergewöhnliche Programm beleuchten und prüfen, inwiefern es sich als Plug-in Host für Live-Keyboarder eignet.
Freestyle, der Name lässt es schon vermuten, wurde von New Sonic Arts nicht primär als klassischer Live-Host für Keyboarder konzipiert. Eher versteht es sich als ein Performing-Tool, das stand-alone oder als VST- oder AU-Plug-in innerhalb eines anderen Hosts zum Einsatz kommen kann und hauptsächlich das schnelle Kombinieren und Verketten von Instrumenten und Effekten ermöglichen soll. Die 129 Euro schwere Software kommt in elegantem, zeitgemäßem Design daher und wird inklusive einer Handvoll Effekte wie z.B. Chorus, Filter oder auch einem Band Split an den Kunden gebracht.
New Sonic Arts Freestyle: Überblick
Beim erstmaligen Start öffnet sich ein Menü, in dem man grundlegende Einstellungen wie z.B. Audio- und MIDI-Geräte konfiguriert. Auch sollte man hier direkt den Ordner mit den Plug-ins auswählen. Freestyle durchsucht anschließend diese(n) Ordner und zeigt die Plug-ins im Plug-in Browser sortiert nach dem Hersteller an. Die Plug-ins werden sehr hübsch mit einem kleinen Screenshot der jeweiligen Benutzeroberfläche dargestellt.
Im ersten Video bekommt ihr einen Überblick über die verschiedenen Bereiche der Software:
Um zwischen verschiedenen Settings umschalten zu können, verfügt Freestyle über die Snapshots. Ein Snapshot bezeichnet ein Abbild des momentanen Projekts bzw. Racks. Dabei können die verwendeten Plug-ins in den einzelnen Snapshots auch voneinander abweichen. Man sollte aber eventuelle Ladezeiten bei Sample-basierten Librarys / Plug-ins berücksichtigen (wie z.B. bei KONTAKT).
Was ich eigenartigerweise nicht finden konnte, ist ein Bypass-Button für die Plug-ins. Möchte man also einen Effekt in einem Snapshot ausschalten, bleibt einem nur, das Plug-in gänzlich zu löschen oder aber im Plug-in selber sofern möglich den Mix-Anteil herunterzudrehen. Auch finde ich schade, dass es keinen Audiofile-Player gibt. Zieht man ein WAV-File in die Arbeitsfläche, so öffnet sich das hauseigene Plug-in Nuance. Dieses steht jedoch nur als Demo-Version zur Verfügung und kostet regulär 99€. Nuance ist ein Sample-Player, der dieses WAV-File standardmäßig auf die ganze Tastatur mappt und somit spielbar macht. Da der Player aber keine Transportfunktionen besitzt, ist er als Audiofile-Player für Playbacks bzw. Einspieler nicht wirklich brauchbar.
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New Sonic Arts Freestyle als Host für Live-Keyboards
Auch wenn Freestyle nicht primär dazu gedacht ist, komplexe Keyboard-Setups zu bauen, so ist es im Prinzip dennoch möglich. Wie in den anderen Folgen dieses Workshops demonstriere ich im nächsten Video, wie ein Keyboard-Setup für den Hit „Get Lucky“ von Daft Punk in Freestyle aussehen könnte:
Wie ihr seht, sind andere Hosts auf diesen Zweck derzeit noch sehr viel besser zugeschnitten als Freestyle. Es fehlen der Software noch einige grundlegende Funktionen. So werden momentan noch alle angeschlossenen MIDI-Geräte gemergt. Es ist also mit Hausmitteln nicht möglich, mit zwei Keyboards zwei unterschiedliche Sounds zu spielen. James von New Sonic Arts versicherte mir jedoch, dass dieses Feature im nächsten Update nachgereicht wird.
Dennoch kann New Sonic Arts’ Schützling für die Keyboarderfraktion Sinn machen. Nämlich dann, wenn man anfängt, Freestyle mit anderen Hosts wie z.B. MainStage zu kombinieren. Wie erwähnt, ist Freestyle neben der Stand-alone-Version auch als Plugin verfügbar. Zum Beispiel lässt sich eine Sache, die mich persönlich an MainStage immer gestört hat, mit Freestyle prima ausbügeln. In MainStage kann man pro Channelstrip lediglich ein Instrument laden. Laden wir dort stattdessen Freestyle in einen Channelstrip, so erhalten wir statt eines einzelnen Instruments einen kompletten Host, der natürlich auch über die Screen-Controller von MainStage gesteuert werden kann. Dies ist überaus nützlich, da man auf diese Weise innerhalb eines einzigen Channelstrips Layer- und Split-Sounds zusammenstellen, abspeichern und immer wieder aufrufen kann, was ansonsten in MainStage nicht funktioniert.
Auch als reines Effekt-Rack macht Freestyle eine äußerst gute Figur. In MainStage ist es lediglich möglich, einen kompletten Channelstrip (also Instrument und Effekte) abzuspeichern. Mit Freestyle kann man sich sein Effekt-Rack zusammenbauen und so in jedem Channelstrip aufrufen. Das beschleunigt den Workflow ungemein und macht den Umgang mit MainStage tatsächlich nochmal merklich schneller!
Kurzum: Als alleiniger Host für ein Live-Keyboardsetup ist Freestyle zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht wirklich zu gebrauchen. Dazu ist es allerdings auch nicht gedacht! Freestyle ist ein Live-Performing-Tool und erlaubt es, unterbrechungsfrei Effekte und Instrumente hinzuzufügen und durch verschiedene Snapshots zu navigieren. In Kombination mit einem anderen Host kann das auf verschiedene Weisen die Arbeit erleichtern. Freestyle ist also kein „Must-have“ für uns Live-Keyboarder, kann aber dennoch ein nützliches Tool sein.