2.3 – Texten im Team
Viele Text- und Liedschreiber arbeiten nicht allein – man denke an beispielsweise an weltberühmte Schreiber-Teams wie Lennon & McCartney, Jagger & Richards, Elton John & Bernie Taupin, Robbie Williams & Guy Chambers oder auch Stock, Aitken, Waterman, die für viele typische 80er Jahre Hits verantwortlichen waren (Kylie Minogue, Jason Donovan, Mel & Kim, Rick Astley, Bananarama uvm. ). In der “Schreiber-Branche” arbeitet man sowieso generell selten allein, wenn es um Auftragsarbeiten für andere Künstler geht. Große Musikverlage arrangieren dafür Zusammenkünfte von Interpreten, Textern und Komponisten – oder auch reine „Songwriter Meetings“. Da wird dann meist nach recht konkreten Vorgaben des Musikverlags oder der Plattenfirma getextet, komponiert und vorproduziert. Es gibt sogar regelrechte „Hitfabriken“, in denen Autoren in Studios tagein tagaus Lieder schreiben.
Die Herausforderungen im Team sind es, sich letztlich einigen zu müssen, Kompromisse zuzulassen oder auch einfach, sich vor anderen zu trauen, die meist noch recht rohen Entwürfe zu präsentieren. Das ist nicht jedermanns Sache. Allerdings produziert man auch ungleich mehr Ideen, als wenn man alleine schreibt – und hat gleichzeitig meist auch eine funktionierende Geschmacks- und Plagiatvermeidungskontrolle. Besonders in Bands kann das Teamwork in Bezug aufs Texten noch durchaus willkommene Nebeneffekte haben, denn die gemeinsame Auseinandersetzung mit den Songtexten schweißt die Bandmitglieder noch mehr zusammen. Das kollektive Texten schafft über die Musik hinaus eine zusätzliche Möglichkeit, sich als Bandmitglied zu profilieren bzw. sich mit den in Gemeinschaftsproduktion entstandenen Texten zu identifizieren. Nicht nur bei Olympia, sondern auch hier gilt: „Sport ist im Verein am schönsten!“
Bosse
Du arbeitest beim Songwriting ja auch im Team. Wie funktioniert das?
Bosse: “Also bei meinen eigenen Sachen arbeite ich nicht im Team. Wenn ich dann ins Studio gehe, ist da mein Produzent, Jochen Naaf, ein guter Typ und auch ein guter Songwriter. An diesem Punkt ist es dann schon so, dass wir Töne und Texte noch mal gemeinsam durchgehen. Aber das Grundgerüst passiert schon bei mir zu Hause.”
Aber für andere Leute schreibst du auch – und dann auch im Team?
Bosse: “Ja, am allerliebsten im Team! Ich muss aber dazu sagen, dass ich das auch gar nicht so megalange mache. Wenn man für andere schreibt, geht einem das so mit links von der Hand. Ich muss es ja nicht singen, will es aber natürlich trotzdem so gut machen, dass ich es singen würde. Es fällt mir aber viel leichter, als für mich selber zu schreiben. Und dann gibt es im Team ja auch immer noch ein Gegenüber, jemand, der auch texten kann.”
Sasha
Du schreibst viel im Team zusammen mit Ali Zuckowski und Robin Grubert. Wie funktioniert das?
Sasha: “Wenn wir zusammen schreiben, arbeiten wir generell als Team, also alle sind gleichberechtigt. So haben wir schon viele Songs beziehungsweise Texte gemeinsam geschrieben, diese Konstellation funktioniert einfach sehr gut. Wenn ich mit Themen ankomme, ist unsere Arbeitsweise meist so, dass Ali und Robin noch mehr aus mir herauskitzeln oder mich ermutigen, mich zu trauen. Wenn man ganz tief in sich bohrt, dann ist das ja eher ein Prozess. Ein Text kann daher in einer Frühfassung schon mal etwas oberflächlich oder vorsichtig sein, aber im Laufe der Zeit merkt man dann: Das muss noch ein bisschen mehr “Eier“ haben.
Es gibt aber auch andere Fälle, in denen wir das Songwriting ganz klar aufteilen. Jeder sammelt für sich Ideen, dann kommen wir zusammen und jeder spielt seine Sachen vor. Das sind meist rein musikalische Ideen. Und wenn wir uns auf Sachen geeinigt haben, dann fangen wir an zu texten. Oder überlegen zunächst nach Themen: Soll der Text eine negative oder fröhliche Aussage haben, was stellt er mit mir emotional an? Manchmal entstehen auch Situationen im Studio, dass einer mal für ’ne Viertelstunde in ein anderes Zimmer abhaut, weil er gerade einen “Durchmarsch” hat. So mit den Worten “Ich glaube, ich habe eine Idee …” und raus aus der Tür. Das muss man dann so geschehen lassen, solche Momente sind Gold wert, meistens sind danach Texte zu größten Teilen fertig.
Einmal habe ich zusammen mit dem schwedischen Songwriter Peter Kvint geschrieben. Er ist dann irgendwann mal kurz aufs Klo, und als er wiederkam, hatte ich den ganzen Text fertig: zwei Strophen und einen Refrain. Es hat sich gereimt, es war einfach, es war gut … ich dachte: Das ist das Lied, mehr brauche ich nicht! Das ist mir bisher leider aber erst einmal passiert.”
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Ist Teamarbeit eine gute Methode um gewisse „Klippen zu umschiffen“, die 2. Strophe oder den verflixten C-Teil zum Beispiel?
Sasha: “Ich bin großer C-Teil Freund und auch ziemlich gut darin (lacht), man könnte mich also auch nur für den C-Teil engagieren! Der C-Teil ist zwar nicht das Hauptding in einem Lied, aber den braucht man trotzdem immer. Nicht so gut bin ich im Schreiben von Hooks, also griffigen Refrainzeilen, die ja in Popsongs sehr wichtig sind. Melodien für Hooks gehen mir immer ganz gut von der Hand, aber die Texte für die Refrains überlasse ich gern anderen. (….) Strophen texte ich dagegen sehr gerne, das liegt mir mehr. Aber oftmals sind die Strophen dann schon so “hookig”, dass ich absolut nicht mehr weiß, wie ich da nun noch einen Chorus draufsetzen soll. Und dann kommen meine Schreibe-Partner ins Spiel und übernehmen. Und ich denke mir: Ja, genau so funktioniert Teamarbeit! (lacht).”
Simon Triebel
Gibt es bei deiner Band Juli eine Arbeitsteilung beim Songwriting?
Simon Triebel: “Bei uns schreiben ja hauptsächlich Jonas, Eva und ich. Wir entwickeln Ideen meist allein und arbeiten sie in der Regel erstmal so weit aus, dass wir sie den anderen zeigen können. Dann ist es oft so, dass die anderen die Songs noch mal in die Hand nehmen und hier und da Dinge ändern. Durch so eine Patchwork-Arbeitsweise profitieren die Songs von den Stärken der einzelnen Bandmitglieder.”