Yamaha EAD10 Drum Module Test (2020)

Praxis

Die Installation ist schnell umgesetzt

Um ehrlich zu sein, erscheinen mir die Fähigkeiten, die dem EAD10 zugesprochen wurden, fast zu schön, um wahr zu sein. Natürlich leisten kleine Pocket-Recorder schon Erstaunliches, und auch einige E-Drumsets klingen sehr amtlich, aber dass beides kombiniert nicht nur einen Sound in Studioqualität abbilden soll, sondern gleichzeitig auch noch mit hochwertigen, latenzfreien Effekten versehen werden kann, macht mich doch zunächst skeptisch. In der Annahme, es hier mit einem interessanten Spielzeug zu tun zu haben, installiere ich also zunächst den Kunststoff-Haltedorn, um das Modul an einer Multiklammer in meinem Set, einem Sakae Trilogy, unterzubringen. Schön ist, dass die Halteplatte mit kleinen Flügelschrauben fixiert wird, also kein weiteres Werkzeug erfordert. Danach schiebe ich die Sensoreinheit auf den Spannreifen, drehe die Rändelschraube fest und verkabele beide Elemente. Anschließend verbinde ich das Steuerteil mit den Line-Eingängen meines Preamps. Der erste Soundcheck bestätigt meine schlimmsten Befürchtungen: Es kratzt und sägt, guter Drumsound ist definitiv etwas anderes. Beim Kabel-Check stellt sich jedoch heraus, dass Kabel A auch an Buchse A angeschlossen werden muss, und nicht, wie ich es gemacht habe, umgekehrt. Statt Rechts und Links transportieren die beiden Buchsen nämlich das Trigger-Signal einerseits und beide Mikrofonkanäle andererseits. 

Das EAD10 klingt gut. Wirklich gut!

Nach der Fehlerbeseitigung bietet das Testobjekt einen gänzlich anderen Sound. Um es kurz zu machen: das EAD10 klingt wirklich gut. Gleichzeitig bietet es ein direktes, natürliches Spielgefühl, was natürlich dem Umstand geschuldet ist, dass der Hauptteil des Sounds aus den Signalen meines akustischen Kits besteht. Beim Durchspielen der 50 Factory Scenes, also der vorprogrammierten Drumsets, vergesse ich tatsächlich über lange Strecken die Zeit, was bekanntlich ein sehr gutes Zeichen ist. Da man ja – anders als bei einem reinen E-Set – „im Sound“ sitzt, ist zur abschließenden Beurteilung der Klangqualität natürlich das Abhören der Aufnahmen erforderlich, und siehe da: Die Ergebnisse können sich auch im „analytischen Modus“ durchweg hören lassen. Von modernen „Arena“-Sounds mit viel Hall bis zu gegateten 80er Jahre Klängen, Dubstep, Drum ‘n’ Bass und britzelnden Phaser- und Flangersounds wird eine große Bandbreite abgedeckt. Dabei wird das Bassdrum-Signal mit einem – zumischbaren – Triggersound versehen, die restlichen Schallquellen des Kits gelangen aber als Mikrofonsignal in die Effektsektion des EAD. Dadurch entsteht das unmittelbare, natürliche Spielgefühl auch dann, wenn die Sounds sehr artifiziell sind. Gleichzeitig gefällt mir als E-Drum-Skeptiker, dass meine Spieldynamik erhalten bleibt und ich nicht das Gefühl habe, dass die Technik meinen spielerischen Ausdruck beschränkt. Dies ändert sich natürlich, wenn man zusätzliche Pads anschließt, dann wird aus dem EAD10 ein normales E-Set mit wirklich guten Sounds, aber auch dem typischen Spielgefühl. Einige der Factory Scenes habe ich euch hier als Soundfile aufgenommen, weitere findet ihr im ersten Video. 

Fotostrecke: 5 Bilder Das Modul wird mit dem mitgelieferten Halter an einer Multiklammer befestigt.
Audio Samples
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Kit 01 Arena, ohne FX Kit 13 Room Reverb Kit 18 Plate Reverb Kit 21 Boom Rocker Kit 24 Jingle Kick Kit 25 Big Gated
Audio Samples
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Kit 28 Vintage Kit 30 Rockabilly Kit 32 HipHop Kit 41 Dubstep Kit 45 Space Toms Kit 50 220 Volts

Die Effekt- und Trigger-Sektion vervielfacht die klanglichen Möglichkeiten

Wie oben bereits beschrieben, bietet das EAD10 eine Vielzahl an Effekten und zusätzlichen, über Bassdrum-Trigger oder externe Pads ansteuerbaren „Voices“, also Sounds. Über die drei Endlos-Encoder lassen sich die Parameter Reverb, Effect und Trigger schnell hinzu mischen und über die drei Taster unterhalb des Displays verändern. Um das Prozedere zu lernen, drehe ich den großen Scene-Regler auf den ersten User-Speicherplatz, betätige im Display den Reverb-Taster, drehe den Reverb-Endlos-Encoder auf und höre mir – während ich Bassdrum und Snare spiele – nacheinander alle elf Reverbs an. Hier gibt es verschiedene Hall-Simulationen, zu denen verschiedene Plates, Studio Reverbs, Gated Reverbs und Reverse Gates gehören. Diese kommen vielleicht nicht an teure Highend Hallgeräte heran, klingen aber alle wirklich ordentlich. Weiter geht es mit der Effektsektion, in welcher sogar 21 verschiedene Typen zur Verfügung stehen. Interessante Effekte lassen sich hier besonders mit den Tempo Delays erzielen, deren Wiederholungsgeschwindigkeit von 30 bis 300 bpm manuell einstellbar ist. Weiterhin gibt es die gesamte Palette von Kompressoren, Flangern, Verzerrern, Phasern, Ringmodulatoren und Wahwahs. Zuletzt geht es an die Klangbelegung des Bassdrum-Triggers, beziehungsweise weiterer Pads, sofern welche angeschlossen sind. Der Reiter „TRG“ beinhaltet die Kategorien Kick, Snare1, Snare2, Tom, Cymbal, Perc, Effect sowie Wave. Hier stehen die genannten 757 Voices zur Verfügung, wobei man den Kick-Trigger vermutlich vorrangig auch mit Bassdrumsounds belegen möchte, deren Anzahl ich mit 125 als ausreichend bezeichnen würde. Neben plakativen, boomigen und Genre-typischen „Komplett-Sounds“ finde ich besonders die „Assist“-Klänge erwähnenswert, welche dem natürlichen Bassdrum- oder Snaresound bestimmte Klanganteile hinzufügen und ihm so zum Beispiel mehr Punch oder mehr Body verleihen. Über den Schalter Bypass lassen sich übrigens alle drei Parameter aus der Signalkette nehmen. Hier könnt ihr euch alle elf Reverbs und einige Effekte anhören, eine Auswahl an Bassdrum-Voices findet ihr am Ende des ersten Videos. 

Audio Samples
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EFX – ohne Reverb EFX – Reverb 1 Hall EFX – Reverb 2 Studio EFX – Reverb 3 Room 1 EFX – Reverb 4 Room 2 EFX – Reverb 5 Stage EFX- Reverb 6 Small Stage
Audio Samples
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EFX – Reverb 7 Plate EFX – Reverb 8 Early Reflection EFX – Reverb 9 Gate EFX – Reverb 10 Gate 2 EFX – Reverb 11 Reverse Gate
Audio Samples
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EFX – Tempo Delay 4 EFX – Delay 2 EFX – Distortion EFX – Touch Wah EFX – Distortion Delay EFX – Dynamic Phaser EFX – Heavy Modulator

EAD10 vs. professionelle Mikrofonierung

Die Frage, die mir nach den ersten Hörtests unter den Nägeln brannte, war natürlich, wie sich das EAD10 in einer neutralen Einstellung im Vergleich mit einem gängigen Studio-Mikrofon-Setup schlägt. Ziemlich gut, lautet die Antwort, wobei die erwarteten Resultate grundsätzlich auch eintreten. So klingen die EAD-Mikrofone im Vergleich insgesamt schärfer, heller und mit weniger Körper als die Kombination von Overhead- und Close Mics. Dennoch muss ich sagen, dass sich das EAD10 sehr wacker schlägt, zumal allein der Wert der eingesetzten Mikrofone jenen des ganzen EAD10 weit übertrifft. Rechnet man jetzt noch Stative, Interface und Plug-ins hinzu, wird der Vergleich noch schräger. Trotzdem kann und will das EAD10 kein gleichwertiger Ersatz für eine gute Mikrofonsammlung sein. Als Ergänzung taugt es dafür umso besser und liefert unzählige Möglichkeiten, das normal mikrofonierte Kit mit Sounds zu unterstützen, sei es live oder im Studio. Hier gefällt mir wieder der extrem schnelle Zugriff auf alle Parameter sowie die große Flexibilität und Kreativität, die das System in vielerlei Hinsicht ermöglicht. Im folgenden Video Part könnt ihr euch sowohl einen Vergleich der Audioqualität, als auch verschiedene Kombinationen aus regulärem Setup und dem EAD10 anhören.  

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Mehr Informationen

Die Probe mit Amps

Laut Yamaha soll das EAD10 problemlos auch live und bei Proben einsetzbar sein, ohne dass die beiden Mikrofone das gesamte akustische Geschehen ums Set herum mit einfangen. Im Test erweist sich dieses Versprechen als eingeschränkt zutreffend. Hier kommt es jedoch auf die Erwartung des Anwenders an. Ein etwa zwei Meter von der Sensoreinheit entfernt positionierter Gitarren-Amp wird so übertragen, wie man es von Kondensator-Mikros eben erwartet. Das bedeutet, dass das Gespielte deutlich auf den Spuren des EAD10 zu hören ist. Für den Live-Einsatz heißt das, dass ein lauter Monitor oder in der Nähe aufgebaute Amps mit übertragen werden. Das muss jedoch nicht schlecht sein. Hier hängt es von der Musik und der geplanten Weiterverwendung ab. Möchte man die EAD10 Spuren anschließend sauber und isoliert nachbearbeiten, sollte man sich bewusst sein, dass eventuell eingesetzte Effekte eben auch auf die Nebengeräusche wirken. Dies ist jedoch auch bei einer konventionellen Mikrofonierung der Fall, in beiden Szenarien solltet ihr euch also überlegen, die Amps der Mitmusiker so aufzustellen, dass sie nicht zu nah am Set stehen und – besonders wichtig – nicht auf dieses gerichtet sind. 

Die interne Recording-Funktion sowie die Rec ‘n’ Share App

Der Anspruch, das EAD10 vollständig „stand alone“, also ohne zusätzliche Geräte wie Interface oder Computer nutzen zu können, wird durch mehrere Zusatzoptionen erfüllt. So ist sowohl das Aufnehmen auf der internen Speichermöglichkeit als auch per externem USB Flashdrive-Stick im Test kein Problem. Das ist besonders dann praktisch, wenn gerade weder ein Rechner noch ein anderes Aufnahmesystem zur Verfügung steht. Aufgrund der schnellen Installation des Gerätes kann man es problemlos mitnehmen, an beliebigen anderen Drumsets befestigen und dort Groove-Ideen oder ausgearbeitete Drum-Spuren aufnehmen. Natürlich kann man die Sensoreinheit auch vor andere Instrumente platzieren und hineinsingen oder -sprechen, um schnell mal eine Idee aufzunehmen. Ein noch höheres Produktions-Level ermöglicht die Rec ‘n’ Share App, welche genau das macht, was Yamahas Produktbeschreibungen zeigen. So konnte ich im Test zu Tracks auf meinem Telefon spielen, diese aufnehmen und gleichzeitig ein Video erstellen. Eine rudimentäre Mixing-Oberfläche ermöglicht es, Musik und Drum-Spur in der Lautstärke anzupassen sowie Anfangs- und Endpunkte von Audio und Video zu schneiden. 

Version 2.0 Update:

Die Installation des Version 2 Updates funktioniert problemlos. Das per Rechner herunter geladene, dort entpackte und dann mit einem USB-Flashdrive auf die EAD Hardware transferierte Datenpaket tut genau, was es soll. Die Aufnahmelänge beträgt nun 90 Minuten, was in vielen Situationen eine Verbesserung darstellt, ob es sich nur um einen Gig, eine Probe oder eine Unterrichtssession handelt. Im Unterricht habe ich auch die nächsten neuen Fuktionen ausprobiert, nämlich die Talkback-Möglichkeiten. Die Stimme wird zwar nicht ultradirekt und glasklar übertragen, aber man kann sich eben den Aufbau eines extra Sprachmikrofons sparen, wenn Schüler und Lehrer mit Kopfhörern spielen oder der Unterricht über das Internet gegeben wird. Für einige dürfte dieses Feature also eine dankbare Erweiterung darstellen. Stark abhängig vom persönlichen Einsatzgebiet sind auch die beiden weiteren neuen Optionen. Da wäre zunächst die Möglichkeit der Noisegate-Einstellung. Diese sorgt gerade bei den stark komprimierten Drumkits für einen strafferen Sound und für die Reduzierung von Einstreuungen. Ungünstig stehende, laute Amps können damit auch ausgeblendet werden. Der Effekt hängt aber eben stark mit der individuellen Nutzung des EAD10 zusammen. Dies gilt auch für das erweiterte Click-Routing. „All“ nennt sich die zusätzliche Option, mit der man den Click auf alle Ausgänge gleichzeitig routen kann. Wer möchte, erhält damit die Möglichkeit, den Click mit aufzunehmen und das eigene Spiel zu kontrollieren. 

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