Praxis
Die Strategie der gezielten Reduktion setzt sich im Soundsegment konsequent fort. Ganze zehn Sounds stehen dem P85-Eigner zur Verfügung:
• Grand Piano 1+2
• E-Piano 1+2
• Cathedral Organ 1+2
• Strings
• Harpsichord 1+2
• Vibraphone
Die Auswahl der Sounds verfolgt eine klare Richtung: Hier geht es mehr um eine klassisch, sakrale und jazzige Ausrichtung als um Rock- und Popmusik. Der Kirchenmusiker im Proberaum des Kirchenchores ist ebenso gut versorgt wie der Klavierschüler zu Hause, der für seinen Instrumentalunterricht keine Synthesizerklänge oder Ähnliches benötigt. Umso erfreulicher, dass die Sounds zum größten Teil alles andere als billig klingen! Es ist eine kleine, aber feine Auswahl, die in das Instrument Einzug gehalten haben. Die Grand Piano Klänge sind echt kraftvoll und authentisch und es wird deutlich, dass an dieser Stelle nicht gespart wurde. Beim Klavierklang handelt es sich um einen ordentlich in Stereo gesampelten Klavierton (AWM, Advanced Wave Memory), bei dem sich auch die geringe Polyphonie von 64 Stimmen kaum bemerkbar macht.
Der Sound „Grand Piano1“ mit seinen vollen Bässen und seinem klaren Diskant macht in allen Lagen Spaß, siehe Audiobespiel 1. Der zweite Pianosound ist etwas heller und härter intoniert und findet vielleicht bei Jazzinterpreten mehr Beachtung. Er erinnert mich im Klang übrigens hier und da an das legendäre Electric Grand von Yamaha. Audiobeispiel 2 und 3 ist ein kleiner Vergleich der ersten beiden Klaviersounds.
Die E-Piano Sounds sind sicherlich häufig eine Frage des Geschmacks. So trifft der zweite eher meinen Nerv, da er einem Fender Rhodes wesentlich ähnlicher ist und er seine Klangcharakteristik bei den verschiedenen Velocitystufen nicht verliert. Der erste E-Piano Sound findet vielleicht eher Anklang bei den Liebhabern balladesker Interpretationen aus den 80ern. Hier hat man allerdings mit nervend lauten, fiepsigen Obertönen und einem harten Velocity-Übergang zu kämpfen, was besonders im Bassbereich die Töne auffallend verfärbt und das Tuning in bestimmten Lagen etwas verhagelt.
Beide Orgelsounds sind eher für den sakralen Gebrauch geeignet. Der erste ist eine 8´ + 4´ Registrierung und der zweite, mit hinzugefügtem 2´, etwas strahlender. Diese Sounds sind sowohl für das Üben leichterer sakraler Literatur geeignet als auch für den Proberaum des Kirchenchores oder für die Begleitung der Kirchgänger in kleineren Kirchenräumen.
Auch für das Cembalo, Harpsichord, stehen zwei Registraturen ( 8´und 8´+ 4´) zur Wahl, die eher Einzug in das kleine Weihnachtskonzert einer Kirchengemeinde finden als bei Anhängern barocker Cembalomusik. Aber auch Letzteres kann gelingen, wenn man über die Statik des Klanges großzügig hinwegsieht oder besser -hört.
Für dich ausgesucht
Aus der Art fällt am Schluss dann sicherlich der Vibraphon-Sound, der zwar akustisch gefällig ist, aber in seiner Soloform eher ein stiefmütterliches Dasein führen wird.
Hier hilft vielleicht die Möglichkeit des P-85, bis zu zwei Sounds zu layern, das heißt, zwei Sounds gleichzeitig zu spielen. Zwei Programm-Taster zugleich gedrückt und los geht’s. Aber mit welchem Sound soll ich ein Vibraphon layern? Dann doch eher einen Pianosound mit Streichern.
Aber hier ärgere ich mich dann über ein fehlendes Controller-Pedal, um die Streicher schwellen zu können. Ich bemerke, dass bestimmte Funktionen nur Begehrlichkeiten erwecken, die im Falle des P-85 nicht erfüllt werden. Deshalb macht es mir am meisten Spaß, einfach nur den „On“ Taster zu bedienen und mit den vorgegebenen Klängen zu musizieren.
In Sachen Effekte hat das Yamaha P-85 nicht viel zu bieten. Es gibt ein paar unterschiedliche Hallräume, zwischen denen ich auswählen darf, aber insgesamt wird hier nichts geboten, was hervorgehoben werden sollte.
Die Hallräume des P-85:
• Room
• Hall 1+2
• Stage
• Off
Im folgenden Beispiel habe ich den Effektanteil von dry nach wet verändert. Je mehr Effektanteil hörbar ist, umso mehr wird deutlich, dass es sich bei den Hallräumen des P-85 nicht um Effekte erster Güte handelt.
Mir persönlich gefallen die werksseitig eingestellten Soundparameter ohnehin am besten und so komme ich dann auch nicht in die Verlegenheit, die Effektparameter verändern zu müssen.
Editieren von Effekten
Wer die Bedienungsanleitung nicht ständig griffbereit hat, wird sich schwer tun, die wenigen internen Parameter wie die verschiedenen Hallräume, den Effektanteil, die Transpose-Funktion oder die MIDI-Send und MIDI-Empfangskanäle zu verändern, da auf dem Gehäuse dafür keine Beschriftung vorhanden ist. Und auch mit intuitiver Herangehensweise kommt man hier nicht weit. Da diese Funktionen jedoch für den Hausgebrauch selten in Anspruch genommen werden, stellt sich so auch keine Routine in den bestimmten Tastenkombinationen ein.