Praxis
Die beiden JamTutor-Apps bieten Lerneinheiten zum Gitarre-Spielen mit Video-Erklärungen und vielen Animationen. Das Ganze ist zeitgemäß angelegt, der Arcade-Mode zeigt die Saiten im Guitar-Hero-Style und es kann entsprechend gespielt werden. Die Apps sind gut gemacht, zur Motivation gibt es Scorer-Punkte für jeden getroffenen Ton. Das Ganze kommt immer mit Backing-Tracks und grafischer Animation. Für Guitar-Hero-Fans ist das mit Sicherheit eine akzeptable Überleitung in die Welt der “richtigen” Gitarre, aber ich bin da doch eher skeptisch, denn gespielt wird nach Optik. Mit Musikmachen hat das für mich nicht viel zu tun. Ich muss aber auch klar zugeben, dass ich in dieser Hinsicht eindeutig traditionell geprägt bin, selbst sehr lange als Gitarrenlehrer gearbeitet habe und die Schwierigkeiten besonders für Anfänger kenne. Klar, man kann recht schnell zu coolen Ergebnissen kommen und auch Spaß bei der Sache haben. Aber ich sehe deutliche Probleme, wenn jemand mit dem Jamstik die ersten musikalischen Gehversuche macht und unter Umständen Ambitionen hat, das Instrument “vernünftig” lernen zu wollen, um vielleicht später einmal in einer Band zu spielen.
Zuerst einmal das Timing. Beim Anschlagen der Saiten hat man eine gehörige Latenz, das ist nicht vergleichbar mit dem Spielgefühl bei einer richtigen Gitarre. Das Spielen der Übungen hat sich für mich nicht gut angefühlt, außerdem neigt man dazu, nach dem Bild zu spielen und nicht nach dem Groove der Band. Dynamik und Tonkontrolle können hier nicht ausreichend gelernt werden und durch die geringen Maße und den kurzen Hals ist die Haltung eine andere als bei einem normal großen Instrument. Die Leersaiten können nur mit dem Dämpfer hinter dem Steg abgestoppt werden, mit der Greifhand funktioniert das nicht. Und mit lediglich fünf Bünden stößt man früh an seine Grenzen. Kurzum, ich persönlich kann jedem, der ein Instrument ernsthaft lernen möchte, nur empfehlen, sich eine richtige Gitarre zu kaufen – spielbare Instrumenten gibt es in dieser Preisklasse jede Menge! Außerdem bin ich ziemlich skeptisch, ob man mit einem Jamstik+ am Lagerfeuer das andere Geschlecht tatsächlich nachhaltig beeindrucken kann 🙂
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MIDI-Controller
Zum Testen des Jamstik als Midi-Controller habe ich das Gerät per USB an meinen iMac (OSX 10.11.6) angeschlossen. Als DAW ist Logic Pro X (10.2.4) im Einsatz und ich habe mit dem Jamstik+ diverse Software-Instrumente bedient. Die Integration funktioniert erstklassig, der Jamstik wird sofort erkannt und die jeweiligen Instrumente werden angesteuert. Aber die Latenz …! Ich habe selbstverständlich den Low-Latency-Mode angewählt und sogar dort ist, wie bei der Jamstik-App, eine sehr spürbare Latenz vorhanden. Für Pad-Sounds kann man das noch halbwegs akzeptieren, aber wenn man mit dem Controller rhythmische Parts einspielen möchte, kommt man gehörig ins Rudern. Ich habe einen AB-Vergleich mit meinem Roland GI-20 und einer Godin-Gitarre mit Hex-Pickup gemacht und bei beiden war das Tracking wesentlich besser. Klar ist diese Kombination im Preis wesentlich höher angesiedelt, aber wenn der Hersteller mit gutem Tracking wirbt, muss er sich auch dem direkten Vergleich mit den bewährten Systemen stellen. Klar ist aber auch, dass das weite Feld Guitar to MIDI seit Jahrzehnten problematisch ist und sich damit wohl auch in nächster Zukunft noch diverse schlaue Köpfe beschäftigen werden. Echtzeit-Tracking bei der Gitarre bleibt eine Herausforderung.
Dieter sagt:
#1 - 04.10.2016 um 15:16 Uhr
291,- Euro sind ganz schön viel für dieses Häufchen Elektroschrott. Die Leute sollten das Geld lieber in einen Gitarrenlehrer investieren.