Praxis
Zuerst wollen wir uns den vorgefertigten Sounds widmen und haben das G9.2tt direkt an das Mischpult angeschlossen. Dafür sind die User-Speicherplätze mit dem kleinen ´u´ wichtig, denn die Patches sind folgendermaßen angeordnet:
U0 bis U9 = Patches ohne Speakersimulation (gedacht für den Einsatz mit einem Gitarrenverstärker)
u0 bis u9 = Patches mit Speakersimulation (für den Einsatz ohne Amp, direkt am Mischpult). Über die „Amp-Select“-Funktion lässt sich das Gerät dabei optimal an den angeschlossenen Verstärker anpassen.
Als erstes hören wir das Patch ´u2-1´, die Simulation eines Marshall 1959 Amps.
Na ja, klingt doch sehr nach Plastik und auch das Spielgefühl kommt nicht in die Richtung des Originals. Der Dynamik-Umfang ist nicht sehr groß, bei leisen Anschlägen ist der Amp zwar fast clean, aber wenn man dann härter zur Sache geht, sind keine Reserven da, es kommt keine Power. Es fühlt sich an, als wäre ein hart eingestellter Limiter am Werk.
Die Engl-Simulation (u2-2) gefällt mir da schon viel besser, vor allem fällt hier die gute Arbeitsweise des Noise-Gates auf, das die Nebengeräusche bei höheren Gain-Einstellungen sehr gut unterdrückt, den Ton im Ausklingen aber nicht abschneidet.
Auf dem Speicherplatz ´u2-3´ findet sich eine Simulation des Boogie Rectifiers, der sich ebenfalls eher für die härtere Gangart empfiehlt.
Für dich ausgesucht
Als nächstes kommt ein Cleansound mit Chorus Effekt, die Nachbildung des Roland Jazz Chorus 120, der neben dem Fender Twin einer der markanten Amps für klare Gitarrensounds ist – Patch ´u2-4´.
Jetzt wollen wir uns die klanglichen Auswirkungen der beiden Röhren anhören, die dem Schaltkreis beigemischt werden können. Ausgewählt ist die Simulation eines Marshall JCM 900 (u2-5). Zuerst wird die Accelerator-Funktion getestet, bei der die Röhre in der Vorstufe beigemischt wird. Dafür stehen zwei Regler zur Verfügung: Tube justiert das Röhrensignal und mit Solid State wird die Transistorschaltung geregelt. Im folgenden Beispiel hört ihr nacheinander drei unterschiedliche Einstellungen. Zuerst Solid State voll aufgedreht (Röhre aus), dann Tube voll (Transistor aus), dann die „goldene Mitte“ – beide Regler auf 12 Uhr.
Welche der drei am besten klingt, ist selbstverständlich Geschmackssache, allerdings hat für mich persönlich – obwohl ich ein großer Freund der Röhrentechnologie bin – das Beimischen des Röhrensignals nicht den ersehnten Aha-Effekt ausgelöst. Schauen wir, ob der Energizer mehr zu bieten hat. Hier wird das Röhrensignal mit dem Tube-Regler beigemischt und zusätzlich kann mit dem Boost-Regler noch eine Anhebung der Mittenfrequenzen erreicht werden. Im folgenden Beispiel hört ihr ebenfalls drei Einstellungen: Zuerst alles aus, dann Tube auf 12 Uhr, dann Tube und Boost auf 12 Uhr.
Den Tube-Regler weiter aufzudrehen macht in dieser Kombination eigentlich keinen Sinn, der Sound verzerrt, aber mit Endstufenkompression á la Röhrenamp hat das leider nichts zu tun.
Wir widmen uns nun den Effekten. Wenn ich mir ein digitales Multieffektgerät mit Expression-Pedalen anhöre, dann beginne ich meist mit dem Wah-Wah, denn dieser Effekt ist meines Erachtens sehr schwer in guter Qualität digital nachzubilden. Hier muss der Filter sehr schnell bewegt werden und dafür ist eine gute Prozessorleistung gefragt, damit die Bewegung auch fließend und nicht stufenförmig stattfindet. Der integrierte Wah-Effekt ist in Ordnung, aber auch nicht mehr. Bei langsamer Bewegung arbeitet er sehr stufig, also leider kein Ersatz für ein klassisches analoges Wah-Pedal.
Nun zum Z-Pedal. Das macht richtig Spaß, denn zusätzlich zur Auf- und Abbewegung kann das Pedal noch seitwärts bewegt werden und so noch einen weiteren Parameter steuern. Dummerweise sind die Pedale ab Werk bei meinem Testgerät nicht richtig justiert, beim linken (Volume-Pedal Einstellung) lässt sich die Lautstärke nicht ganz zurückdrehen und das Z-Pedal ist ebenfalls nicht ordnungsgemäß eingestellt. Wenn man die Pitch-Shift-Funktion (Whammy Effekt – 12 Halbtöne aufwärts) auswählt, kommt die Tonhöhe bei Rechtsanschlag des Pedals nur bis knapp über 11 Halbtöne … Klingt natürlich nicht so gut. Das heißt, erst die Pedale neu einpegeln und dann kann es losgehen.
Die Idee ist wirklich genial, mit einem Pedal zwei Funktionen zu steuern. Und jetzt, nachdem alles ordnungsgemäß eingestellt ist, geht das auch. Hier das Ergebnis:
Ein weiterer kritischer Kandidat ist der Harmonizer, der ebenfalls viel Prozessorleistung erfordert. Dieser funktioniert gut, die Bendings werden sauber übertragen und auch mit schnellen Vibratos hat er keine Probleme. Allerdings schwingt leicht ein tieffrequentes Signal mit.
Nachdem mich der Sound mit der internen Amp- und Speakersimulation nicht gerade umgehauen hat, wird das GT9.2tt vor den clean eingestellten Amp geschaltet, und siehe da, jetzt klingt das Ganze schon wesentlich transparenter und dynamischer. Hier die Marshall Plexi-Simulation (U2-1) mit einer Strat. Zuerst mit zurückgedrehtem Volume-Poti an der Gitarre und dann voll auf. Die Sonne geht auf …
Jetzt ist endlich Dynamik da, wie man es auch von solchen Amptypen gewohnt ist. Auch härtere Sounds mit hohem Gain kommen sehr transparent rüber. Die Diezel Simulation.
Wenn es noch etwas böser und tiefer klingen soll, dann ist der Octaver die richtige Wahl. Er macht einen fetten Ton, aber klingt nicht matschig im Bassbereich. Die Ansprache ist sehr gut.
Vintage-Feeling bekommt man mit einer Fender Twin Simulation, einem Tremolo-Effekt und dem Spring Reverb (Federhall). Das Tempo des Tremolos wird mit dem Tap-Tempo-Schalter kontrolliert, der Sound ist überzeugend.