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Zoom H2n Test

PRAXIS
Vier Aufnahmemodi
Auf der Stirnseite des H2n befindet sich ein kleiner Drehknopf, der entfernt an einen Kompass erinnert, und mit dem man zwischen den vier verschiedenen Aufnahmemodi des Recorders wählen kann. Die Einstellungen wirken sich vor allem in der Nutzung der verschiedenen Mikrofon-Konfigurationen aus. Bei Aktivierung der XY-Konfiguration verwendet der Recorder die zwei klassisch angeordneten Kapseln, die zur Vorderseite des Gehäuses hin ausgerichtet sind. Im Falle der MS-Stereofonie werden dagegen die drei Kapseln aktiviert, die in Richtung der Rückseite lauschen. In diesem Fall lässt sich der Pegel des Seitenkanals vorab festlegen, was direkte Auswirkungen auf die Stereobasisbreite hat. Wer sich diesen Schritt für die Nachbearbeitung aufheben will, der kann auch Files im RAW-Format erzeugen, und diese im Nachhinein in Stereo-Files konvertieren oder eine auf der Herstellerwebsite kostenlos erhältliche MS-Matrix in Softwareform nutzen.
Besonders interessant (und auch schon vom Vorgänger bekannt) ist im Vergleich zu diesen Standardeinstellungen die Möglichkeit, alle verbauten Kapseln zu kombinieren und somit 360°-Aufnahmen erzeugen zu können. In der 2Ch-Variante wird das Ergebnis direkt in eine Stereo-Spur zusammengerechnet, die 4Ch-Variante speichert dagegen den Klang der XY- und MS-Mikrofone in separaten Stereo-Spuren (beschränkt auf maximal 48 kHz) ab. Auch diese können entweder direkt zur Nachbearbeitung auf die Festplatte eines Rechners gezogen oder auch schon im H2n nach einer eventuellen Anpassung der Mix-Verhältnisse in eine Stereo-Spur umgerechnet werden. 
Auch ohne die kabelgebundene Fernbedienung aus dem Zubehörset muss man sich um Körperschall, der durch Tastendrücke am Gehäuse verursacht wird, keine Sorgen machen. Der H2n bietet eine  Auto-Record-Funktion, die eine Aufnahme startet, sobald im Eingangspegel ein variabler Schwellenwert überschritten wird. Bei länger andauernder Stille, kann der Recorder auch dazu angewiesen werden, automatisch wieder abzuschalten. Die Pre-Record-Funktion versetzt den H2n dagegen dauerhaft in Aufnahmebereitschaft und ermöglicht es, die letzten zwei Sekunden vor dem Auslösen der Aufnahme mit aufzuzeichnen. Wichtige Stellen werden während der Aufnahme über ein Betätigen der Play-Taste mit Markern versehen. Die weiteren Recording-Features des H2n entsprechen dem Standard für mobile Digitalrecorder: Mit einem Low-Cut-Filter lassen sich eventuelle Störgeräusche im Bassbereich eliminieren, die Auto-Gain-Funktion übernimmt auf Wunsch das Pegeln, und die sechs Presets für den internen Kompressor/Limiter können im Notfall Übersteuerungen vermeiden. Prinzipiell ist vom Einsatz dieser Features (v.a. von Kompressor/Limiter und Auto-Gain) abzuraten, da sie deutlich hörbare Veränderungen im Klang der Aufnahme verursachen können. 

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Klang
Machen wir es kurz: Die Aufnahmequalität des H2n ist wirklich außergewöhnlich gut, und ich wage zu behaupten, dass ich etwas Vergleichbares von einem mobilen Digitalrecorder (auch aus höheren Preisklassen) bisher selten gehört habe. Für einen ersten Test habe ich den Singer/Songwriter Markus Rill eingeladen, der in den Audios zwei seiner Songs zum Besten gibt. Markus saß mit seiner Gitarre in gut 50 cm Entfernung zum H2n, und in diesem Fall konnte vor allem die MS-Konfiguration ihre Stärken ausspielen. Gitarre und Gesang wirken in diesem Aufnahmemodus sehr ausgewogen, direkt sowie fokussiert und beinahe schon zu gut für ein solches Aufnahmegerät. Geringe Pegelveränderungen in der Stimme sind auf Bewegungen beim Singen und Spielen zurückzuführen. 
Im Falle der Drums wurde der H2n ähnlich wie ein Overhead-Mikrofon über dem Kopf des Schlagzeugers positioniert, und in dieser Situation wirkt die XY-Konfiguration eindeutig natürlicher und klarer in ihrer Räumlichkeit. Hier offenbarte der H2n neben einer leichten und akzeptablen Unterbetonung des Bassbereichs allerdings auch eine leider sehr gravierende Schwäche, die sich vor allem bei Proberaum- oder Konzertmitschnitten bemerkbar machen wird: Die Mikrofone des Recorders sind etwas überempfindlich, und um Übersteuerungen oder Limitereinsatz zu vermeiden, musste ich den Eingangspegel auf die geringstmögliche Stufe stellen. Auch bei einer Mic-Gain-Einstellung von „0“ geriet das Eingangssignal gefährlich nah an die Clipping-Grenze. Die MS-Mikrofone stellten sich als noch etwas empfindlicher heraus, was aller Wahrscheinlichkeit nach einfach damit zusammenhängt, dass das Mittenmikrofon in dieser Position genau auf die Snare-Drum ausgerichtet war. Es gab einen Headroom von weniger als 2 dB, und Rimshots auf der Snare hätte der Recorder in dieser Position ganz sicher nicht verkraftet. Für Proberaum-Mitschnitte von zurückhaltenderen Akustik-Projekten oder Jazz-Combos lässt sich der H2n sicher einsetzen, lautere Rockbands werden den Recorder aber vor einen Schalldruckpegel stellen, mit dem er nicht zurechtkommt. Zwar lässt sich dieses Problem sicherlich durch unterschiedliche Positionierungen im Raum mindern, dies geht andererseits aber wieder auf Kosten des Klangs. Eine Käseglocke über dem H2n wird wohl kaum für einen besseren Sound sorgen. 

Audio Samples
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Gitarre und Gesang XY Gitarre und Gesang MS Drums XY Drums MS Atmo XY Atmo MS Atmo Surround

Für die Atmo-Aufnahmen habe ich mich passend zur Jahreszeit auf einen Weihnachtsmarkt begeben. Den Geruch von gebrannten Mandeln können die Audios zwar nicht wiedergeben, sein akustisches Umfeld zeichnet der H2n aber hervorragend auf. Ihr hört einen Straßenmusiker am Akkordeon (ich danke für die freundliche Genehmigung zur Verwendung dieses Tracks!) und eine vorbeifahrende Straßenbahn. In diesem Fall gefällt mir persönlich die Surround-Variante am besten, bei der alle Mikrofone des H2n gleichzeitig verwendet wurden. Bei aktivem 4Ch-Modus werden solche Aufnahmen in zwei Stereo-Dateien abgespeichert und diese können prinzipiell auch in Surround-Mixes verwendet werden.

Nachbearbeitung und Zusatzfunktionen
Da der H2n im Gegensatz zu seinem Vorgänger wesentlich effizienter mit der Energie der beiden Batterien umgeht, ist ein Dauereinsatz von ca. 20 Stunden möglich, womit einer der großen Minus-Punkte des alten H2 eliminiert wird. Früher oder später wird es aber zwangsläufig zu dem Moment kommen, in dem die Batterien ihren letzten Tropfen Energie abgegeben haben, und sollte dies während einer Aufnahme passieren, bietet der H2n eine Art Sicherungsnetz in Form einer Data-Recovery-Funktion. Der Recorder verhält sich bei einem plötzlichen Stromausfall so, als sei vor dem Black-Out die Stop-Taste gedrückt worden, und so geht zumindest nicht der komplette letzte Take verloren.
Weiterhin bietet das Menü die Möglichkeit, Dateien zu normalisieren und zu teilen. Vor allem längere Pausen am Anfang oder Ende eines Tracks können somit ohne nachträgliche Bearbeitung mit einer Software wie dem enthaltenen Wavelab LE 7 zurechtgestutzt werden. Wer dennoch viel und gerne am Computer arbeitet, der kann den H2n allerdings auch als Audio-Interface nutzen. Die Anschlussmöglichkeiten sind zwar vergleichsweise gering, Kopfhörer oder Stereo-Anlage lassen sich aber natürlich über den Klinkenausgang anbinden. Das Variable-Speed-Playback und Pitch-Shifting, mit dem Audiodateien in Tempo und Tonhöhe variiert werden können, empfinde ich persönlich eher als Gimmick, das aber mit Sicherheit seine Anhänger finden wird. Dass eine Nebenfunktion als Metronom und Stimmgerät inzwischen bei vielen Geräten zum guten Ton gehört, haben wir schon im Intro dieses Tests angesprochen, und auch der H2n macht hier keine Ausnahme. 

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