Seit inzwischen 10 Jahren bietet uns die japanische Firma Zoom handliche Aufnahmegeräte wie aktuell H4nSP, H5 und H6 – um nur ein paar zu nennen. Spätestens seitdem unser Leben, zumindest teilweise, im Web stattfindet und die Daten immer rasanter durch die Kabel geschossen werden reicht es als Musiker aber nicht mehr, nur irgendwie eine Audio-Aufnahme herzustellen. Vielmehr will das Publikum heute auch sehen wer denn da musiziert. Ein Video muss her. Das ist heute schnell gemacht. Die Möglichkeiten sind vielfältig: Video-Kameras oder Fotoapparate mit Videofunktion, ja selbst Handys bieten heute brauchbare Videoqualität. Aber wie sieht es mit dem Ton aus? Die eingebauten Mikrofone der meisten Geräte kommen mit dem Frequenzspektrum und den Schalldrücken zum Beispiel einer Band überhaupt nicht klar.
An dieser Stelle setzte die Firma Zoom vor ein paar Jahren an und vereinte erfolgreiche Handy-Recorder mit Videokameras welche ActionCams sehr ähnlich sind. Herausgekommen ist die Q-Serie. Nach Q1, Q2, Q3 und Q4 liegen uns nun die neuesten Handy Video Recorder zum ausgiebigen Test vor: der kleinere Q4n, direkter Nachfolger des Q4, und der deutlich umfangreichere Q8 welcher auf dem Zoom H5 basiert. Zusätzlich haben wir noch das MS-Stereo Richtrohrmikrofon SSH-6 zum Test erhalten, welches mit dem Q8 aber auch den Handy Recordern H5 und H6 kompatibel ist.
Details
Beide Recorder sind recht klein
Zooms Q4n ist mit knapp 12x5x6 cm bei eingeschobenen Mikrofonen gerade noch so klein, dass er in eine große Jackentasche passt. Bei einem Gewicht von 177 g mit Akku und SD-Karte kann er problemlos mit dem optionalen Zubehör GHM-1 an der Kopfplatte einer Gitarre oder ähnlichem montiert werden.
Der Q8 ist größer (zirka 16x5x7cm mit eingeklapptem Mikrofonmodul) und schwerer (342 g mit Akku, SD-Karte und Mikrofonmodul). Dafür liefert er aber, gerade für die Aufnahme des Tons, einige entscheidende Vorteile. Nicht zuletzt dadurch, dass die für H5 und H6 erhältlichen Mikrofonkapseln auch auf den Q8 passen.
Beide Geräte werden mit dem gleichen, jeweils angepassten Zubehör geliefert. Dazu gehören USB-Kabel, Gummi-Objektivschutz, Stativ-Adapter für Actioncam-Halterungen, Schaumstoff-Windschutz, Gegenlichtblende, Lithium-Ionen-Akku und Handschlaufe. Schade, dass die Kameras ohne Tasche oder Koffer, wie beim H6, geliefert werden.
Das SSH-6 Stereo-Richtrohrmikrofon
Richtrohrmikrofone werden überall dort eingesetzt, wo man nicht näher an die Klangquelle heran kommt oder wo man die Klangquelle von störenden Umgebungsgeräuschen isolieren möchte. Typischerweise sieht man sie oft in der Umgebung oder direkt auf Film- und Videokameras. Gerne werden sie auch für Interviews eingesetzt. Mit dem SSH-6 haben wir nun ein Stereo-Richtrohrmikrofon vorliegen, welches mit einer Länge von ungefähr 18 cm und einem Gewicht von 118 g. zu den kleinen, handlichen Richtrohren gehört. Es funktioniert nach dem Mitte-Seiten-Prinzip. Die Mitte-Seite-Stereofonie, oder MS-Stereo, wird aufgenommen, indem man ein Mikrofon mit Kugel- oder Nierencharakteristik direkt auf die Klangquelle richtet und dazu ein zweites Mikrofon mit Achtercharakteristik (Druckgradientencharakteristik) quer zur Klangquelle positioniert. Alternativ können hier auch zwei nach außen gerichtete Nieren-Mikrofone für die Seiten eingesetzt werden. Das erste Mikrofon nimmt die Mitte also das “M” auf, während das Zweite die Seiten-Informationen, das “S”, aufnimmt. Die Kapseln beider Mikrofone sollten möglichst nah zusammen gebracht werden um Laufzeitunterschiede zu vermeiden. Zum dekodieren müssen wir das Seiten-Signal auf zwei Kanäle legen und einen der beiden um 180° Grad in der Phase drehen. Welchen der beiden Kanäle wir drehen müssen hängt dabei von der Ausrichtung bei der Aufnahme ab. Im Q8 macht das die eingebaute MS-Matrix für uns. Der große Vorteil der MS-Stereofonie ist die Möglichkeit das Verhältnis von Mitten- und Seitensignal anpassen zu können und das bei voller Monokompatibilität ohne Phasenauslöschungen.
Die Firma Zoom gibt weder im Beipackzettel noch auf der Homepage technische Daten zum SSH-6 preis. Nach der Zeichnung im beiliegenden Faltblatt besitzt die Kapsel für die Mitte eine (durch das Rohr) enge Nierencharakteristik.
Im Lieferumfang befindet sich ein fellartiger Windschutz, welcher oft auch als “Dead Cat” bezeichnet wird. Dieser ist bei Aufnahmen im Freien dringend nötig, da Richtrohre prinzipbedingt viel empfindlicher auf Wind reagieren als andere Mikrofone.
Für dich ausgesucht
Bedienung und Anschlüsse des Zoom Q4n
Die Bedienung des Q4n läuft fast ausschließlich über das kleine dreh- und schwenkbare Touchdisplay. Immerhin gibt es abgesehen davon einen Ein-/Ausschalter, einen Aufnahmeknopf und einen Regler für den Aufnahmepegel, was eine echte Verbesserung zum Schiebeschalter des Vorgängers Q4 darstellt. Auf der Rückseite befindet sich ein Schieber, mit dem die Mikrofonkapseln aus der Transportposition bewegt werden können. In der Transportposition und in der oberen Position befinden sich die Kapseln in einer AB-Stereo-Anordnung. Mit einem Dreh an den beiden Kapseln kann man den Winkel dieser zu einer XY-Stereo-Anordnung ändern. So kann man die Breite der Stereobasis schon bei der Aufnahme anpassen. Der Q4n registriert die Position der Mikrofone automatisch und speichert die Audiospur seitenrichtig.
Ebenfalls auf der Rückseite stehen je ein USB-, HDMI- und Kopfhöreranschluss sowie ein Miniklinken-Eingang für externe Mikrofone zur Verfügung. Hier können auch Mikrofone mit Plug-In-Power betrieben werden.
Zoom Q8: umfangreichere Ausstattung
Der Q8 ist nicht ganz so spartanisch ausgestattet und sein Touchdisplay ist gut ein Drittel größer. Hier gibt es ebenfalls einen Ein-/Ausschalter, einen Aufnahmeknopf sowie einen Regler für den Aufnahmepegel der angeschlossenen Mikrofonkapsel. Zusätzlich gibt es hier noch einen Abspiel-/Pauseknopf, vier Spurtasten sowie zwei weitere Regler für die Aufnahmepegel der Spuren 1 und 2, da hier insgesamt vier Spuren aufgezeichnet werden können.
Anschlüsse des Q8
Die Anschlüsse für die Spuren 1 und 2 liegen als XLR/Klinke-Kombibuchsen auf der Rückseite. Diese können wahlweise als zwei Monospuren oder als eine Stereospur aufgezeichnet werden. Die Spuren L und R sind fest als Stereopaar der angeschlossenen Mikrofonkapsel zugeordnet und können nicht als zwei Mono-Spuren genutzt werden. Je nach gewähltem Aufnahme-Modus werden die Signale der Mikrofonkapsel sowie der zusätzlichen Eingänge zusammengemischt und in der Videodatei oder als einzelne Audiodateien gespeichert. An den XLR/Klinke-Kombibuchsen können auch Mikrofone betrieben werden, die Strom benötigen. Der Q8 liefert wahlweise 12, 24 oder 48 Volt. Meine Messung bestätigt diese Werte. Das ist wichtig, da Mikrofone ihr ganzes Potenzial nur dann ausspielen können, wenn sie auch genug Strom bekommen. Natürlich saugt die Nutzung der Phantomspannung mächtig an den Akkus. Deshalb ist hier eine Stromversorgung über USB zu empfehlen. USB-, HDMI- und Kopfhöreranschluss befinden sich ebenfalls auf der Rückseite. Das bedeutet allerdings, dass der Mikrofonarm mit montiertem Mikrofon die Anschlüsse verdeckt, sobald er heruntergeklappt ist.
Für YouTuber und Selfie-Videos sind die Touchdisplays der beiden Zooms sehr praktisch, da man sie so drehen kann, dass man sich selbst, den Aufnahmepegel, die restliche Aufnahmezeit und weitere Angaben auch während der Aufnahme kontrollieren kann. Die Bedienung der Menüs allerdings ist mit etwas größeren Fingern ganz schön fummelig.
Wichtige Informationen liefern auch die Video-Aufnahme-LEDs, welche bei beiden Modellen von vor der Kamera und von oben, hinter der Kamera zu sehen sind. Sie leuchten bei eingeschaltetem Gerät grün, während der Aufnahme rot und blinken bei Übersteuerung der Audiospur(-en).
Nur eine Kamera?
Beide Recorder können auch ganz ohne Video nur Audio aufzeichnen. Hier merkt man die Verwandtschaft zu den Handy Recordern der Zoom H-Serie. Man bekommt also mit einem Q nicht nur eine Kamera, sondern einen vollwertigen Handy-Recorder mit Kamera.
Ein Gewinde für Standard-Foto- und Videostative ist auf den Böden beider Recorder zu finden. Allerdings ist mir aufgefallen, dass man das Display des Q4n nicht öffnen kann, wenn der Recorder auf einem Stativ mit großer Platte montiert ist. Beim Q8 gibt es dieses Problem nicht, da hier ein paar Millimeter Platz zwischen der Unterkante des Displays und der Stativplatte sind.
Die Stromversorgung kann über Lithium-Ionen-Akkus oder über USB laufen. Im Test zeigten die Batterieanzeigen beider Recorder noch ungefähr ein Drittel Ladung an, nach ungefähr zwei Stunden Aufnahmen in höchster Auflösung, bei geöffnetem Display und kurzen Unterbrechungen. Die Akkus können im Recorder über USB geladen werden, solange der Recorder nicht eingeschaltet ist.
Ich hätte mir gewünscht, dass es eine Möglichkeit gibt den Pegel der eingebauten Lautsprecher und Kopfhörerausgänge direkt mit Reglern oder Tasten, wie beim H6, zu verändern und nicht am Touchdisplay.