Es gab Zeiten, da suchte man sich aus einem relativ überschaubaren Angebot die Becken aus, die zum eigenen Stil und zur gespielten Musikrichtung passten. Crashes und Splashes wurden am Rand angespielt, Rides boten mehr Möglichkeiten, ebenso Hi-Hats. Bei den Effekten gab es grundsätzlich zwei Sorten, nämlich das Splash und das China. Klanglich bestand das Ziel darin, die Instrumente in ihrer Entfaltung möglichst wenig zu stören. Das Abkleben war daher eher verpönt, geschweige denn, Dinge auf die teuren Instrumente zu legen oder sie gar übereinander zu stapeln. Heute muss man in gewissen Kreisen mitunter lange suchen, bis man mal ein Set findet, dessen Teile nicht entsprechend modifiziert wurden. Was ist in der Zwischenzeit passiert? Und warum macht man das überhaupt?
Ganz einfach: Die Umstände haben sich geändert. Früher war das Drumset in erster Linie ein akustisch wahrgenommenes Instrument, das im Band-Kontext eingesetzt wurde. In den frühen Rockbands mussten sich die Becken gegen Verstärker behaupten, auch live gab es oft keine PA, mit deren Hilfe man Becken für das Publikum verstärken konnte. Wer sich für alte Becken interessiert, wird merken, dass viele Modelle aus den 70er- und 80er-Jahren ziemliche Brocken mit langem Ausklang und lauter Kuppe sind, denn es ging darum, sich Gehör zu verschaffen, „cut through the mix“.
Heute haben sich die Möglichkeiten erweitert. Jeder kann sich für relativ wenig Geld Recording Equipment kaufen, für dessen technische Werte man damals ein Vermögen hätte bezahlen müssen. Andererseits richtet ein lautes Becken im ungedämpften Keller auf der Aufnahme unter Umständen massiven Schaden an und dominiert alle anderen Instrumente mit unschönen Frequenzen. Neben einer leiseren und kontrollierteren Spielweise bieten sich hier Add-Ons aller Art an. Der zweite Grund für den Griff zur Beckenmodifikation ist der Mix von akustischen und elektronischen Musikstilen. Wer mal Live-HipHop gespielt hat und den MC mit einem über zwei Takte ausklingenden Power Ride „erfreut“ hat, wird wissen, was gemeint ist. Auf der anderen Seite besteht der Geist vieler neuer Elektrostile eben darin, zu experimentieren. Und warum sollten wir Drummer uns davon ausschließen, es macht schließlich richtig Spaß, die Klangpalette um spannende Elemente zu erweitern. Los geht’s!
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Mehr Informationen01. Dämpfung
Der Klassiker zur schnellen Sound-Veränderung sowohl bei Trommeln als auch bei Becken ist natürlich das Anbringen weicher Materialien zur Dämpfung der Obertöne. Dafür gibt es vielfältige Gründe. Ihr habt ein dickes, lautes Metal Ride und kein Geld und keine Lust, euch für das einmalige Konzert mit dem Singer-Songwriter mal eben ein sanftes Jazz-Blech zu kaufen? Dann her mit dem Gaffatape, dem alten T-Shirt oder einem Cympad! Alle diese Modifikationen sorgen dafür, dass das Becken in der Schwingungsentfaltung behindert wird. Zuerst erwischt es naturgemäß die hohen, schrillen Anteile, mit zunehmender Menge könnt ihr das Becken aber auch zu einem milden „Tick-Generator“ ohne jegliche Lebendigkeit herunterregeln. Das kann in vielen Situationen genau das Richtige sein, zum Beispiel, wenn der Proberaum klein und hallig ist und euer Becken bei jedem Anschlag sämtliche Aufmerksamkeit auf sich zieht und man die anderen Instrumente nicht mehr hört. Oder wenn eure Kamera den Sound so komprimiert, dass das coole Insta-Video nur noch aus Beckengerausche besteht.
Für dich ausgesucht
Von Sticks…
Klar, die verwendeten Stöcke, beziehungsweise Schlagwerkzeuge haben einen enormen Einfluss auf euren Beckenklang. Der dicke 2B-Hickory-Stock aktiviert ganz andere Frequenzen im Becken als der leichte Ahorn-Stick. Und wo wir oben gerade bei der Dämpfung waren: Probiert doch mal Besen oder Rods aus, wenn sich eure Band, der Tonmann oder das Publikum von zu lauten Cymbals belästigt fühlt. Damit könnt ihr sogar während eines Songs den Klang wechseln, die Voraussetzung ist natürlich ein gut erreichbares Stickbag oder ein Percussion-Tisch – oder das Floor Tom. Richtig Schub bekommt euer Groove, wenn ihr zum Jinglestick greift oder ein Shaker Egg zwischen Hand und Stock klemmt. Die Effekt/Kosten-Ratio ist hier fast unübertroffen!
…zu Stacks!
Was haben Benny Greb, Ash Soan, Anika Nilles, Matt Garstka und unzählige andere TrommlerInnen gemeinsam? Richtig, sie verwenden übereinander gestapelte Becken, welche sich durch einen kurzen, trashig-kratzigen Sound auszeichnen und extrem vielfältig verwendbar sind. Zum Beispiel als zweite, etwas breiter und rauer klingende Hi-Hat. Oder als extrem kurzes Crash, welches klanglich nur einen ganz kleinen Spot in der Musik beansprucht. Fast alle Beckenhersteller haben solche Kombinationen im Angebot, diese haben jedoch oft einen Nachteil, sie kosten nämlich deutlich mehr Geld, als wenn ihr einfach bereits vorhandene Becken nehmt und anfangt, zu experimentieren. Dem einen sagt eher das Splash auf dem Crash-Becken zu, für den anderen ist es das umgedrehte China auf dem Ride, und der nächste schnappt sich die zerfetzten Beckenreste von der Proberaumwand und konstruiert sich eigene, einzigartige Klänge. Alles ist erlaubt. Aber Vorsicht: Wenn ihr Fans makelloser Optik seid, solltet ihr wissen, dass manche dieser Kombis teils deutliche Scheuer- oder Kratzspuren auf den empfindlichen Oberflächen hinterlassen.
Ketten, Schellenkränze, Ankle Bells und Gerassel aller Art
Generell sorgen alle Dinge, die ihr auf ein Becken legt oder klebt, für eine Reduzierung der Schwingung. Bei weicher Dämpfung ist das ganz offensichtlich, das Becken klingt in der Folge leiser und angenehmer. Es kann aber auch sein, dass ihr gleichzeitig etwas hinzufügen möchtet. Und da sind wir bei allen Dingen, die ein zusätzliches Geräusch machen. Entweder dadurch, dass sie, angeregt durch den Schlag, Geräusche erzeugen oder dadurch, dass sie gegen die Beckenoberfläche prallen. Der Klassiker sind da sicherlich die „Stöpselketten“, welche ihr nicht nur beim Drum-Zubehör findet, sondern auch einfach in der Sanitärabteilung des Baumarkts kaufen könnt. Unter Jazzdrummern werden diese Teile schon lange als Alternative zu Nieten genutzt, ihr offensichtlicher Vorteil besteht darin, dass das Becken nicht gebohrt werden muss. Ihr dezentes Rasseln addiert ein unaufdringliches Rauschen zum Sound des Ride Cymbals, welches am besten in leiseren Kontexten zur Geltung kommt. Wesentlich deutlicher machen sich hier Schellenkränze oder „Ching Rings“ bemerkbar, welche nicht nur den Beckenton drastischer dämpfen, sondern ihn gleichzeitig um ein metallisch-helles Rascheln erweitern. Steht euch der Sinn eher nach einem kompakten Knistern, empfiehlt sich ein Besuch im Afrika-Shop oder in der Percussion-Abteilung des Musikladens. Hier findet ihr die sogenannten Fußgelenkglöckchen (englisch: Ankle Bells) aus Messing. Über die Beckenkuppe gelegt, dämpfen sie einerseits die Obertöne sehr stark, verhelfen aber gleichzeitig dem Anschlag zu mehr Definition. Darüber liegt dann ein dezentes Klickern der Messingglöckchen, welches sich auch im elektronischen oder Recording-Kontext toll verwerten lässt.
Fazit
Ein tolles Becken mit all seinen Obertönen und seinem schönen Ausklang kann ein echtes Kunstwerk sein, nicht umsonst sind viele Drummer jahrelang auf der Suche nach dem richtigen Modell. In manchen Situationen braucht es jedoch ein paar kleine, günstige und schnelle Modifikationen, um den eigenen Sound an die Umgebung anzupassen. Das kann das Stückchen Gaffatape sein, um das Ride leiser zu machen, oder aber auch alle anderen Formen der schnellen Sound-Veränderung. Verschiedene Sticks, Rods, Besen und andere Werkzeuge führen zu teilweise drastischen Effekten, die eurem Spiel oder dem jeweiligen Song genau das geben können, was nötig ist. Schellenkränze, Tambourines und gestapelte Becken sorgen für dosierten „Trash“, interessantes Rauschen oder einfach für den kurzen Effekt, der zum Elektro-, HipHop-, oder Soulsong passt. Alle diese Modifikationen sind sehr günstig zu haben, viele davon habt ihr vermutlich schon irgendwo rumliegen, ohne zu wissen, wie großartig sie eure Kreativität beflügeln können. Regeln gibt es keine, also ran ans Experimentieren!
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