Soviel steht fest: Mit einer außergewöhnlichen Optik kann das MA-201 FET definitiv nicht punkten. Im Gegenteil, es sieht eher aus wie billige Massenware aus Fernost, die zum Wühltischpreis unters Volk geschmissen wird. Auch die Firmenbezeichnung lässt Otto-Normaltontechniker nicht erahnen, dass das Unternehmen auf eine lange Tradition zurückblicken oder sich gar mit wesentlichen Entwicklungen in der Mikrofontechnik schmücken könnte. So kann man sich täuschen, denn tatsächlich steht hinter Mojave eine wichtige Persönlichkeit: David Royer. Kenner hochwertiger Audiotechnik verspüren bei diesem Namen ein wohliges Gefühl im Brustraum, das meist kurz danach von einem fiesen Stechen beantwortet wird, das sich dort ansiedelt, wo sich momentan gerade das Portemonnaie befindet: Royer-Mikrofone sind Bändchen-Mikros von exorbitanter Qualität und dementsprechend nicht gerade “Schnäppchen”.
In ihrer noch jungen Firmengeschichte hat Mojave* je ein Großmembran- und ein Kleinmembran-Röhrenmikrofon (MA-200
und MA-100) sowie eben auch ein FET-Mikrofon auf den Markt gebracht, das nicht zuletzt durch seinen recht geringen Preis die Fachwelt beeindruckt. Im Rahmen des zweiten Teils unseres Gesangsmikrofontests haben wir das 201 FET genauer betrachtet.
* (sprich: “Mochawi” mit langem “a” und ins “u” übergehendem “w”)
Details
Sehr unauffälliges Design
David Royer ist zwar für seine Ribbons von Royer Labs bekannt, hat aber ursprünglich mit der Herstellung von Röhren-Mikrofonen und anderem Studio-Equipment für kalifornische Studios begonnen. Mojave gibt es zwar schon seit 1985, doch ist der Name des von Dusty Wakeman geführten Unternehmens erst vor kurzem durch das MA-200 und den Schritt in die “Weltöffentlichkeit” bekannt geworden.
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Die verwendeten Bauteile sind keine Billigware
Die Schlichtheit des 201 spricht keine deutliche Sprache. Fehlt wie bei vielen Audioschaffenden der Sinn für Design? War der Posten dafür im Entwicklungsplan von “Controlling”-Bürositzern gestrichen worden? Möchte man durch die Schmucklosigkeit der Optik indirekt darauf verweisen, ein verdammt gut klingendes Mikrofon gebaut zu haben? Oder ist es gar der Versuch, ein Mikrofon anzubieten, das locker im japanischen Tempel der Reduziertheit – dem Kaufhaus “Muji” – verkauft werden könnte? Das vollständig schwarze Mikrofon liegt schwer in der Hand, Plastik sucht man glücklicherweise vergeblich. Es macht einen rundum wertigen Eindruck. Der Korpus ist zylindrisch (also nicht konisch), der darauf sitzende Drahtkäfig hat einen umlaufenden Bügel. Dies ist eine beliebte, einfache und vor allem preiswerte Konstruktion. Ebenfalls beliebt ist die Möglichkeit, das Mikro durch Drehen am Korpus aufschrauben zu können. Tut man dies, erkennt man, dass es erstaunlich übersichtlich auf der innenliegenden Platine zugeht. Die wenigen verwendeten Bauteile sind groß dimensioniert und offensichtlich keine Standard-Billigware. Meine Recherche ergab, dass Mojave “Military Grade Electronics” verwendet. Die verbauten Widerstände sind sogar Spezialanfertigungen. Das ist auf jeden Fall unüblich für ein Mikrofon dieser Preiskategorie! Knapp über XLR-Buchse und Gewinde für die Außenhülle findet man den Übertrager, dessen Herstellerbezeichnung ein deutliches Statement für tontechnische Qualität ist: Jensen!
Schlichtheit auch in der Ausstattung
Durch das gebogene Drahtgeflecht des dunklen Mikrofonkorbs lugt die Kondensatorkapsel. Das ein Zoll durchmessende und drei Mikron dicke goldbedampfte Häutchen verfügt über einen Mittenkontakt und ein Laufzeitglied im Rücken, wodurch sich hier die übliche Nierencharakteristik ergibt. Wie nicht anders zu erwarten, wird die Kapselvorspannung des Mojave mit 48V-Phantomspeisung bewerkstelligt. Über ein Hochpassfilter verfügt das MA-201 FET genauso wenig wie über einen Pad-Schalter. Diesen wird man so schnell nicht vermissen, denn der Grenzschalldruckpegel des Mikrofons wird mit 125 dB(SPL) angegeben. Bei 120 dB (SPL) beträgt die THD+N 1%, bei 134 dB (SPL) werden 3% erreicht. Dem Einsatz vor dem Resonanzfell einer Bassdrum ist das Mojave also sicher gewachsen. Wo wir schon beim Zahlenwerk sind: Das A-bewertete Eigenrauschen beträgt 16 dB, die Frequency Resonse wird von 20 Hz bis 20 kHz mit recht hohen 6 dB Toleranz angegeben. Dass ein gerader Frequenzgang noch nicht bedeutet, dass das Mikrofon auch gut klingt, beweist das ein oder andere Messmikrofon sehr anschaulich (und Vintagemikrofone das Gegenteil).
Heutzutage kommt kaum noch ein Mikrofon in der schlichten Pappschachtel. Zum Lieferumfang des 201 gehört ein (preiswertes) Köfferchen sowie eine Spinne, die dank Innengewinde über der XLR-Buchse “um das Mikrofon herum” geschraubt werden kann. Erfreulicherweise ist die Spinne recht schmal, wodurch das Mikrofon sich einfach positionieren lässt.
fr33 sagt:
#1 - 23.09.2011 um 17:59 Uhr
Die s-Laute scheinen bei dem Mikro stark ueberbetont zu werden. Das klingt in meinen Ohren nicht schoen. Eher wie eine EQ-Anhebung im Sequencer, die jetzt noch nach De-Esser Einsatz verlangt, nicht aber nach den allseits gewuenschten "seidigen" Hoehen. Das waere zumindest fuer mich schon mal ein Ausschlusskriterium fuer dieses Mikro.
fr33 sagt:
#2 - 23.09.2011 um 18:00 Uhr
Ups. Der Kommentar sollte eigentlich unter das Audio Technica AT4050. Ignorieren! :D
Simon sagt:
#3 - 17.05.2023 um 16:14 Uhr
Welches ist das Referenz Mikrofon?